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"Pflichtschulabschluss geschafft"

Jaginder Singh Gandhi ist stolz und glücklich, dass er seinen Schulabschluss in der Tasche hat.

Herr Gandhi, Sie sind mit ihrer Familie aus Afghanistan geflüchtet und sind im Alter von 14 Jahren nach Österreich gekommen. Sie gehören der Religionsgemeinschaft der Sikhs an, die in Ihrem Heimatland diskriminiert und verfolgt werden. Sie und Ihre Familienmitglieder sind asylberechtigt, also anerkannte Flüchtlinge. In Wien haben Sie zum ersten Mal eine Schule besucht.

In Afghanistan durfte ich nicht in die Schule gehen. Aber ich habe in unserem Tempel lesen und schreiben gelernt. In Wien war ich zuerst in einer Mittelschule, aber ich hatte große Probleme mit dem Sehen. Als Kind hatte ich Grauen Star und wurde im Alter von fünf Jahren operiert, aber danach konnte ich auch nicht viel besser sehen. In Wien bin ich nach den Sommerferien nicht mehr in die Mittelschule zurück, sondern ins Bundesblindeninstitut (BBI) gekommen. Dort habe ich zum ersten Mal einen Computer verwendet.

Ihren ersten Kontakt mit der Beruflichen Assistenz hatten Sie bereits in der Schule am BBI. Und zwar im Rahmen des Jugendcoachings. Ein Jugendcoach unterstützt unter anderem dabei, die nächsten Ausbildungsschritte zu planen.

Meine Jugendcoachin hat mir genau erklärt, dass man in Österreich eine Ausbildung machen muss, wenn man zum Beispiel ein Geschäft eröffnen möchte. Meine Eltern hatten in Afghanistan ein Geschäft, wo sie Gewand verkauft haben und auch ein paar Lebensmittel. Aber hier ist vieles anders. Hier brauche ich einen Pflichtschulabschluss und meine Jugendcoachin hat mir genau gesagt, was ich alles dafür tun muss.

Welche Schritte haben Sie gemacht, um Ihr Ziel zu erreichen?

Zuerst musste ich mich auf den Kurs für den Pflichtschulabschluss vorbereiten. Denn ich muss bestimmte Kompetenzen vorweisen, um überhaupt in den Kurs von der Volkshochschule aufgenommen zu werden. Als erstes habe ich also einen Vorbereitungskurs gemacht.

Das Berufliche Kompetenzzentrum für blinde Menschen und Menschen mit Sehbehinderungen bietet und vermittelt verschiedene Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten an. Unter anderem Vorbereitungskurse.

Ja, wir haben Englisch, Deutsch und Mathematik gelernt. Wir haben uns Computerkenntnisse angeeignet, in Word, Excel und PowerPoint. Aber auch wie man einen Lebenslauf und ein Bewerbungsschreiben verfasst. Wir haben uns mit verschiedenen Berufen beschäftigt. Und damit, wie man sorgsam mit seinem Geld umgeht. Wie man eine einfache Buchhaltung mit den Einnahmen und Ausgaben führt. Worauf man achten muss, wenn man einen Kredit aufnehmen möchte. Und wir haben sogar ein Radioprojekt gemacht.  Wir waren eine kleine Gruppe von fünf jungen Leuten. Nach dem Vorbereitungskurs habe ich den Kompetenzcheck gemacht, da werden Deutsch-, Englisch- und Mathematikkenntnisse getestet. Den habe ich geschafft und mit dem Kurs begonnen.

Der VHS-Kurs für den Pflichtschulabschluss dauert ein knappes Jahr. Sie haben Anfang Februar 2020 damit begonnen. Kurz darauf hat sich unser Leben durch die Corona-Pandemie sehr stark verändert.

Bis zum ersten Lockdown hatten wir jeden Tag Unterricht in der VHS. Aber dann hatten wir Fernunterricht und das war sehr schwierig, vor allem in Mathematik. Ab Anfang Mai hatten wir zwar wieder Präsenzunterricht, aber unsere Gruppe wurde geteilt und wir waren jeden Tag nur zweieinhalb Stunden im Kurs. Nach den Sommerferien, im September, bin ich an Covid-19 erkrankt. Ich hatte zwei Tage hohes Fieber, starke Kopfschmerzen und Husten, aber ich war bald wieder gesund. Im Oktober ist der nächste Lockdown gekommen. Diesmal hat es mit dem Fernunterricht zwar besser geklappt. Aber es war trotzdem sehr stressig und schwierig.

Wie haben Sie sich auf die Prüfungen, die am Ende des Jahres stattfanden, vorbereitet?

Also wir haben im VHS-Kurs für die Prüfungen gelernt. Aber ganz besonders wichtig war für mich, dass ich von meinem Trainer beim Beruflichen Kompetenzzentrum beim Lernen unterstützt wurde. Manchmal bin ich zum Lernen hingegangen. Im Lockdown haben wir über Zoom für die Prüfungen in Deutsch, Englisch und Mathematik gelernt. Diese Hilfe war für mich sehr, sehr wichtig. Sonst hätte ich den Pflichtschulabschluss nicht geschafft. Mit meinem Schulabschluss habe ich jetzt verschiedene Berufsmöglichkeiten.

Welche Ausbildungs- und Berufswünsche haben Sie?

Ich möchte gerne eine Lehre zum Einzelhandelskaufmann machen. Vielleicht im Lebensmittelhandel, vielleicht aber auch beim Media Markt. Denn ich interessiere mich auch für technische Sachen und würde gerne Mobiltelefone reparieren. Vielleicht kann ich einmal ein eigenes Geschäft aufmachen und Handys verkaufen und reparieren. Meine Arbeitsassistentin gibt mir viele Tipps und hilft mir, eine Lehrstelle zu bekommen.

Die Unterstützung, die Jaginder Singh Gandhi vom Beruflichen Kompetenzzentrum und der BAABSV erhält, wird vom Sozialministeriumservice finanziert.

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