Aktuelles

Einblicke in den Monitoringausschuss
Ein Themenabend-Nachbericht
Beim 13. virtuellen Themenabend präsentierte Frau Mag.a Christine Steger, seit Mai 2018 Vorsitzende im Monitoringausschuss, die Aufgaben dieses unabhängigen Überwachungsorgans.
Überwachung? Keine Sorge, das hat nichts mit Geheimdiensttätigkeiten oder Bespitzelung zu tun. Es handelt sich hier vielmehr um eine transparente und nachhaltig agierende Stelle, die sicherstellen möchte, dass Österreich beschlossene Gesetze im Sinne von Menschen mit Behinderungen auch umsetzt.
Den Rahmen für diese Gesetze bildet die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, eine internationale Vereinbarung, im Rahmen derer sich Österreich unter anderem zur entsprechenden Gesetzgebung verpflichtet hat.
Steiniger Weg
Christine Steger hob beim Themenabend hervor, dass Österreich im Jahr 2008 als eines der ersten Länder die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen ratifiziert und somit für Österreich in Kraft gesetzt hat. Die UN-Konvention ist ein international völkerrechtlich bindender Vertrag, die unterzeichnenden Staaten verpflichten sich explizit, Menschenrechte von Menschen mit Behinderungen zu fördern, zu schützen und zu gewährleisten.
Allerdings seien viele Dienstleistungen in Österreich heute immer noch nicht umfassend barrierefrei, sagte Steger gleich zu Beginn. Was in der Konvention steht, müsste in der Gesetzgebung verankert werden, festgelegte Standards seien in Folge durch österreichische Gesetze umzusetzen und zu gewährleisten. Hierbei sind viele Lebensbereiche abgedeckt, etwa die unabhängige Lebensführung, Barrierefreiheit oder eben Dienstleistungen.
Der Monitoringausschuss hat seine gesetzliche Grundlage im Bundesbehindertengesetz. Vom Zeitpunkt seiner Konstituierung an überwacht er unabhängig und vor allem auch unermüdlich die Einhaltung der Rechte von Menschen mit Behinderungen durch die öffentliche Verwaltung für den Bereich der Bundeskompetenz: Also der Gesetzgebung und Vollziehung des Bundes.
Darin vertreten sind 14 gleichberechtigte Mitglieder, sieben Hauptmitglieder sowie jeweils eine Ersatzperson, die alle angehalten sind, mitzudiskutieren und Themen im Sinne der Konventionsziele zu bearbeiten. Durch die Auswahl der Mitglieder, die unterschiedliche Zusammensetzung aus unterschiedlichen Fachbereichen, ist ein sehr lebendiger und kompetenter Prozess gegeben: Vertreten sind unter den Hauptmitgliedern vier Personen der organisierten Menschen mit Behinderungen, einer Person einer NGO aus dem Bereich Menschenrechte, weiters eine Person einer NGO aus der Entwicklungszusammenarbeit sowie eine aus der wissenschaftlichen Lehre. Details über die Personenmitglieder und die Zusammensetzung finden Sie unter diesem Link.
Das Aufgabenspektrum
Zum einen hat der unabhängige Monitoringausschuss Stellungnahmen abzugeben. Tagesaktuell war das beispielsweise rund um das Impfpflichtgesetz der Fall, mit der Frage: „Ist das neu zu beschließende Gesetz mit den Konventionszielen vereinbar?“
Der Ausschuss ist berechtigt, von Organen der Verwaltung Stellungnahmen in Einzelfällen einzuholen, insbesondere im Bereich des Maßnahmenvollzugs – und ist hier in den letzten Jahren auch sehr aktiv. Es gilt für Christine Steger und die weiteren Mitglieder, mit Ministerien, mit der Verwaltung, besonders in den Bereichen wo Nachholbedarf oder eine grobe Verfehlung bemerkbar ist, in den Dialog zu treten und Empfehlungen abzugeben. Hierbei existiert eine gute Zusammenarbeit mit den einzelnen Länder-Monitoringorganen, seit letztem Jahr hat auch das letzte Bundesland die Lücke geschlossen und einen eigenen Monitoringausschuss eingerichtet.
Gleichzeitig greift der Ausschuss Themen zu UN-Konventionszielen heraus, etwa den Bereich Bildung. Zum Zeitpunkt des Themenabends war ein Sonderbericht an den UN-Fachausschuss in Genf in Vorbereitung, zum Bereich Bildung und Schule. Christine Stegers prägnante Zusammenfassung:
„In Österreich sind die Ziele derzeit nicht einmal annähernd in Reichweite.“
Neben dem UN-Fachausschuss berichtet der Monitoringausschuss auch dem Bundesbehindertenbeirat auf nationaler Ebene in regelmäßigen Sitzungen über seine Tätigkeiten. Indem er Stellungnahmen sowie Begutachtungen abgibt, ist er auch in aktuellen Gesetzesnovellen oder Gesetzeswerdungsprozessen involviert.
Einige Artikel der UN-Konvention erhalten besonderes Augenmerk, wobei grundsätzlich über relevante Bereiche gesprochen wird: In Bezug auf Artikel 6 der UN-Konvention im Bereich Frauen mit Behinderungen wird geprüft, ob der Vertragsstaat genügend Maßnahmen setzt, wie auch zu Artikel 7, Kinder mit Behinderungen, ausführliche Stellungnahmen formuliert werden.
Warum gibt es den Monitoringausschuss
Die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen wurde notwendig, da trotz zahlreicher bestehender Konventionen Menschen mit Behinderungen noch keine Erwähnung gefunden hatten. Die Konvention definiert Menschenrechte als barrierefreie und für alle Menschen zugängliche Rechte mit einem ausformulierten Ziel, nämlich die Gleichheit aller zu fördern, zu schützen und zu gewährleisten. Menschen mit Behinderungen sind jedoch nach wie vor in einem hohen Maß von Ausgrenzung und Diskriminierung betroffen, betonte Christine Steger.
Bei der Ratifizierung der UN-Konvention wird gleichzeitig auch die Einrichtung eines unabhängigen Überwachungsorgans mitunterschrieben. Menschenrechtliche Verankerung auf einer internationalen Ebene bedeutet nämlich nicht automatisch, dass diese Themen auf nationaler Ebene Beachtung finden, daher besteht die Notwendigkeit für einen verpflichtenden nationalen Überwachungsmechanismus.
Paradigmenwechsel
Früher, bis Anfang der 2000er Jahre, standen die Fähigkeiten von Menschen mit Behinderungen nicht im Fokus, diese waren nicht als Träger:innen von Rechten anerkannt. Teilweise sei das immer noch der Fall, so Steger.
Im Vordergrund steht jetzt jedoch die Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen, als Träger:innen von Rechten. Das so genannte „Soziale Modell“ besagt: Behinderung entsteht aus einer Wechselwirkung zwischen Menschen mit einer Beeinträchtigung und den umgebenden, einstellungs- oder umweltbedingten Barrieren, die bei einer vollen und gleichberechtigten Teilhabe hinderlich sind. Beeinträchtigung ist ein zu akzeptierender Bestandteil des menschlichen Lebens, damit verbunden sind Respekt vor der Unterschiedlichkeit und die Akzeptanz von Menschen mit Behinderungen als Teil der Vielfalt der Menschheit.
Behinderung ist insofern auch kein fixer Zustand, sondern kann sich dynamisch entwickeln und kann sich – je nach Grad der Barrierefreiheit – mehr oder weniger auch negativ auswirken. Je höher der Grad der Barrierefreiheit ist, desto besser kann ich mich selbstbestimmt und selbstverständlich auch in der Gesellschaft bewegen. Dadurch kommt auch der Gesellschaft große Verantwortung zu, die Verantwortung liegt in der Gesellschaft und nicht bei den Menschen mit Behinderungen.
In der UN-Konvention ist explizit festgehalten, dass sich die Vertragsstaaten verpflichten, Vorurteilen, Stereotypen und schädlichen Praktiken aktiv entgegenzuwirken, das heißt es gibt eine Verpflichtung zu bewusstseinsbildenden Maßnahmen und folglich auch Kampagnen. Und das führt zu einer Kernaufgabe des Monitoringausschusses: Auftretende Ausgrenzung und Missachtung der Rechte von Menschen mit Behinderungen kritisch zu durchleuchten und entsprechende Gegenmaßnahmen zu setzen.
Öffentliche Sitzung
Mag.a Christine Steger wies beim Themenabend auf eine geplante öffentliche Sitzung hin, in der Hoffnung, erstmals seit 3 Jahren wieder persönlich zusammenkommen zu können.
Schwerpunkt der Sitzung ist Artikel 11 Gefahrensituationen und humanitäre Notlagen, es geht konkret um Klimakrise, Pandemiegeschehen, Katastrophenschutz im Hinblick auf Auswirkungen auf Menschen mit Behinderungen.
Öffentliche Sitzung des Unabhängigen Monitoringausschusses
Datum: 21. Juni 2022
Ort: Kärnten und Online
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