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Ein altes Gemäuer vor einem schottischen "Loch", also See.
Bildinfo: Schottland ist immer eine Reise wert. © Manuel Pöppel

Endlich wieder verreisen

Auch blinde Menschen reisen gerne trotz fehlender visueller Eindrücke. Immerhin hat der Mensch fünf Sinne, und es gibt immer etwas zu riechen und schmecken und erst recht zu hören und zu fühlen.

Schottland für alle

Zu Gast beim Themenabend am 29. Juni 2022 war Andreas Tirsch vom Reiseunternehmen "Schottland für alle". Er und seine Frau, aus Deutschland gebürtig, haben sich in Schottland niedergelassen und starteten 2010 mit ihrem besonderen Reiseangebot, das sich an Menschen mit Behinderung richtet und auf deren Bedürfnisse besonders Rücksicht nimmt. Waren es anfangs vorwiegend Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen, so wurde das Angebot rasch auf Reisende mit Sinnesbehinderung erweitert.

Reisen mit Behinderung ist sicher eine Herausforderung, sowohl für die Reisenden selbst als auch für das Unternehmen, das Planung und Durchführung auf die unterschiedlichsten Bedürfnisse abstimmen muss.

Um diesem Bedarf Rechnung zu tragen, können allein reisende behinderte Menschen bei "Schottland für alle" eine Assistenz zum Tagessatz von 130 Euro buchen. Diese Assistenz steht während der gesamten Reise als Begleitperson zur Verfügung. Wer nicht oder sehr schlecht sehen kann, hat somit einen zuverlässigen Partner, der, je nach Bedarf, am Buffet zur Hand geht, beim Auffinden des Hotelzimmers hilft und während der Ausflüge und Besichtigungen begleitet und oft auch erzählt, was da zu sehen ist. Selbstverständlich gibt es wie üblich auch einen Reiseleiter. Derzeit stehen etwa zehn Assistent:innen zur Verfügung, wobei der oder die Reisende vorab bekannt gibt, ob männliche oder weibliche Begleitung gewünscht wird.

Die Personenanzahl bei Gruppenreisen sind innerhalb Europas auf acht, außerhalb auf sechs Personen begrenzt - Begleitungen nicht inbegriffen. Im Programm angekündigte Gruppenreisen finden übrigens unabhängig von der angemeldeten Teilnehmendenzahl statt. Reisen werden also nur abgesagt, wenn es auch keine Teilnehmer:innen gibt. Sind sowohl Reisende mit Körper- als auch Sinnesbehinderung in einer Gruppe, so kann bei Bedarf die Gruppe auch geteilt werden. Denn: Wer einen Rollstuhl nutzt, hat möglicherweise nicht überall Zugang, wer nicht sehen kann, wünscht sich vielleicht keine zu langen Busfahrten, sondern mehr direktes Erleben. Durch die kleine Gruppe kann daher auch auf individuelle Wünsche eingegangen werden.

Apropos individuell: Nur etwa 25 Prozent aller durchgeführten Reisen sind Gruppenreisen. Den weitaus größeren Teil machen Individualreisen aus. Die längste geplante und durchgeführte Individualreise führte kreuz und quer durch England und dauerte 62 Tage! Wer also einen längst gehegten Reisewunsch endlich in die Tat umsetzen möchte, ist bei "Schottland für alle" richtig. Ob man nun mit einem fixen "Wunschprogramm" an das Unternehmen herantritt oder die gesamte Planung dem Unternehmen überlässt - hier ist Raum für jede Art von Reise und Reiseziel. Wer keine Begleitung hat, kann die Assistenz buchen, wer mit Freund:in, Partner:in oder Angehörigen reist, überlässt ebenfalls die Organisation dem Unternehmen.

Reisen - wohin?

Die Reiseangebote sind abwechslungsreich und führen sozusagen in alle Teile der Welt, sind aber - wie Andreas Tirsch mehrfach betont - eben ein Angebot. Denn, wie erwähnt, machen den größten Teil der Reisen Individualreisen aus. Die Reisen werden sowohl auf der Webseite als auch in den Aussendungen in wenigen Absätzen beschrieben. Wer sich für eine oder mehrere Reisen interessiert, kann bei "Schottland für alle" eine detaillierte Reisebeschreibung anfordern. Da die Planung für 2023 unmittelbar bevorsteht, ermutigt Tirsch, auch Vorschläge für Destinationen einzubringen.

Auch heuer sind noch einige Reisen in alle Himmelsrichtungen geplant, so etwa im September nach Irland, Meran, Bordeaux, Istanbul, Rundreise Türkei und Edinburgh und die Highlands. Wer auf den Geschmack gekommen ist, findet auf der Webseite https://www.schottland-fuer-alle.com noch viel mehr interessante Reiseziele.

Nachgefragt

Eine der Fragen aus dem interessierten Publikum bezog sich auf die Akzeptanz blinder oder behinderter Menschen allgemein in anderen Kulturen. Eine Teilnehmerin informierte per Chat, dass sie eine Individualreise in den Iran gemacht habe und eher das Gefühl hatte, dort sehr willkommen gewesen zu sein. Eine andere Teilnehmerin bestätigte, dass sie auch in Afrika und Asien zuvorkommend behandelt worden sei.

Auf die Frage, wie man mit so wenigen Assistent:innen die Assistenzwünsche abdecken könne, weist Andreas Tirsch darauf hin, dass ja viele blinde Menschen mit eigener Begleitperson aus der Familie oder dem Freundeskreis reisen oder eben auch noch über einen Sehrest verfügen, um alleine klar zu kommen.

Auf eine entsprechende Frage erklärt er, dass grundsätzlich eine Assistenz nur eine Person begleitet - es sei denn, zwei Personen buchen diese gemeinsam. Nach seinen Erfahrungen ist es schwierig, die Bedürfnisse zweier Personen, die einander fremd sind, durch eine Assistenz abzudecken. Auch die Buchung von Doppelzimmern ist nur bei gemeinsamer Buchung möglich.

Was Kreuzfahrten anbelangt, winkt der Reiseunternehmer kategorisch ab. "Es gibt Unternehmen, die darauf spezialisiert sind", meint er. Aus dem Publikum erfolgt daraufhin die Info, dass es dafür die WhatsApp-Gruppe "Sonnendeck" gibt.

Tirsch: "Wir wünschen uns Rückmeldungen, sowohl positive als auch negative, um unser Angebot optimal weiter entwickeln zu können und wir möchten mit neuen Kund:innen in Kontakt kommen."

Ein geeignetes Schlusswort, auch wenn man bei dem großen Interesse und der regen Teilnahme des Forums das Gefühl bekommt, dass es noch ein sehr ausgedehnter netter Abend hätte werden können.

Kontaktdaten:

Schottland für alle
Tel. Schottland: +44 (0) 1863 766 010
Tel. Deutschland: +49 (0) 211 - 4369 1328
www.schottland-fuer-alle.com
Newsletter bestellen bei: info(at)schottland-fuer-alle.com


Das Ehepaar Tirsch hat noch zwei weitere Schwerpunktthemen im Angebot:

 

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