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Portraits

Eine Frau mit warmer Jacke und Haube steht an einem sonnigen Herbsttag in einem Park neben kleinen Bäumen mit gelben Blättern.
Bildinfo: Jeden Tag zieht es die Liedermacherin hinaus. Im Freien, in der Natur holt sie sich Kraft und Inspiration. © BSVWNB/Ursula Müller

„Ich konnte nicht mehr singen“

Das Singen hat Barbara Wlcek Leben und Augenlicht gerettet. Denn erst als sie es nicht mehr konnte, suchte sie ärztliche Hilfe.

Singen bedeutet Barbara Wlcek alles. Die Liedermacherin und Komponistin, die im Jazz und Pop zuhause ist, liebt Singen über alles. Und das Singen hat der jungen Wienerin Leben und Augenlicht gerettet.

Von Grunge bis Pop

In Barbaras Familie spielt Musik eine ganz große Nebenrolle. Die Mutter, früher Geschäftsführerin einer Druckerei, nimmt viele Jahre Klavierunterricht und spielt klassische Musik. Der Vater, ein großer Jazz Fan, bevorzugt die Gitarre. Die ältere Schwester lernt Klavier. Barbara zuerst Gitarre, dann Klavier. Schon als Volksschulmädel schreibt sie ihre ersten Songs. „Ich erinnere mich genau, ich bin zu meiner Mama gegangen und habe sie gefragt, wie heißt dies auf Englisch, wie heißt das auf Englisch.“ Das Mädchen wächst mit englischsprachiger Musik auf, hört schon früh Rock und Grunge, so auch die Band Nirvana. Musik, die ihr durch die ältere Schwester nahegebracht wird. Und sie erinnert sich: „Mit zwölf oder 13 Jahren hatte ich ein klares Ziel, ich wollte in einer Rock Band spielen.“ Als Jugendliche hört sie Pop, Soul und Hip-Hop und interessiert sich für viele verschiedene Richtungen in der Popularmusik. „Und ich habe immer gesagt, dass ich Musikerin sein will.“

Die Eltern halten gar nichts davon. Musikerin ist kein Beruf, davon kann man nicht leben. Sie finden, ihre Tochter soll in die Schule gehen und die Matura machen. „Ich war grottenschlecht in der Schule, ich habe auch öfters wiederholt. Es gab nur zwei Fächer, wo ich gut war, in Musik und in Kunst.“ Den Eltern zuliebe besucht Barbara eine Fachschule für wirtschaftliche Berufe. Doch ihre Pläne behält sie im Auge und als sie volljährig ist, beginnt sie ein Musikstudium. „Das war die beste Entscheidung, die ich treffen konnte. In der Schule war ich immer eine Außenseiterin. Ich habe mich nie richtig wohlgefühlt. Am Konservatorium habe ich zum ersten Mal das Gefühl gehabt, da gehöre ich hin. Das ist mein Platz.“

Die musikbegeisterte junge Frau studiert am Franz Schubert Konservatorium Jazz. Sie genießt es, unter ihresgleichen zu sein. Alle wollen Musik machen und ihr Können zeigen. „Früher konnten viele nichts damit anfangen, dass ich gerne auf der Bühne bin. Sie konnten es gar nicht verstehen.“ Schon als Teenager steht sie mehrmals auf der Bühne. Die Begeisterung in der Stimme ist unüberhörbar, wenn sie von Aufführungen in der Schule und Auftritten beim Donauinsel Fest erzählt. „Ich fühle mich total wohl und zuhause auf der Bühne. Wenn ich da stehe und singe, kann ich meine tiefsten inneren Gefühle zeigen, kann ich sein, wie ich bin.“


Krisenzeit

Zwar studiert Barbara am Konservatorium, aber für das Studium bleibt ihr kaum Zeit. Denn sie will und muss Geld verdienen, um für die monatlichen Ausbildungsgebühren am privaten Konservatorium aufzukommen. Und um sich die Wohnung und Lebenshaltung finanzieren zu können. Kurz arbeitet sie Teilzeit, dann aber Vollzeit, bei einem Unternehmen für Geld- und Werttransport. „Für mich war das aufregend, ich habe gut verdient und die Arbeit hat mir Spaß gemacht. Ich war Anfang 20 und stolz, es war mein erster Vollzeit Job. Ich hatte das Gefühl, dass ich endlich in der Arbeitswelt angekommen und ein vollständiges Mitglied der Gesellschaft bin.“ Für das Studium, für die Musik bleibt praktisch keine Zeit. Sie gibt das Studium schließlich schweren Herzens auf. Später jobbt sie in der Garderobe im Wiener Konzerthaus. Da die Dienste fast immer am Abend sind, kann sie ihr Musikstudium wieder aufnehmen.

Seit einiger Zeit spürt die Musikstudentin vage, dass sich körperlich etwas verändert. Sie kann die Symptome jedoch nicht einordnen. Ihre Mutter spricht sie darauf an, dass ihr Hals dicker geworden sei und sie oft zittern würde.

„Ich habe das gar nicht bemerkt. Das Herzrasen schon, das hat mir Angst gemacht. Aber zum Arzt bin ich erst gegangen, wie ich keine Stimme mehr hatte. Ich konnte nicht mehr singen.“

Sie hätte aber singen sollen. Sie hätte ihre Lieder, die sie selbst komponiert und getextet hat, bei einem Singer Songwriter Workshop auf der Uni darbieten sollen.

Die verlorene Singstimme veranlasst sie zum Handeln. Als der Arzt sie sieht, ist er sofort alarmiert. Der geschwollene Hals, die großen Augen, der Bluttest, Schilddrüsenüberfunktion, Morbus Basedow. „Ich musste sofort ins Spital. Ich hatte eine thyreotoxische Krise, eine innere Vergiftung. Wenn ich noch gewartet hätte, dann hätte das zu einem Multiorganversagen geführt.“ Die junge Musikerin, damals Ende 20, wird im Krankenhaus sofort behandelt. Sie erfährt, dass sie eine Autoimmunerkrankung der Schilddrüse hat und dass auch die Augen betroffen sind. Die Diagnose lautet Morbus Basedow mit endokriner Orbitopathie.

„Wie ich das erfahren habe, das war 2014, das hat mich ziemlich aus der Bahn geworfen. Ich habe immer gedacht, ich bin gesund, mir passiert so etwas nicht.“

Die Diagnose bringt die leidenschaftliche Musikerin aber auch dazu, sich zu fragen: Wer bin ich, was will ich, was ist mir im Leben wirklich wichtig? Und was hat sich durch das Fragen und Reflektieren in ihrem Leben verändert? „Vieles. Ich habe mir früher oft dreinreden lassen. Ich habe zwar immer gesagt, ich will Musik machen, aber ich habe mich immer wieder davon abbringen lassen, es tatsächlich zu tun. Jetzt weiß ich, dass ich mich ganz und hundertprozentig für das entscheiden muss, wo mein Herzblut drinnen ist.“

Barbara arbeitet jetzt zwar weniger, aber immer noch 25 Stunden pro Woche. Ein Jahr lang schafft sie es, zu arbeiten und zu studieren. Dann treten bei den Augen große Probleme auf. Probleme, die infolge der Schilddrüsenerkrankung entstehen. Die Augen brennen und tränen, sie treten hervor, hinter den Augen entsteht ein starkes Druckgefühl, es kommt zu Doppelbildern. Die Musikerin muss wieder ins Spital und erlebt eine ganz schwierige Zeit. „Ich habe mich auch so geschämt. Mein Gesicht hat sich verändert, die Lider waren geschwollen, die Augen sind herausgekommen. Der Blick war starr.“  Die junge Frau erlebt unangenehme Reaktionen. Sie kann nachvollziehen, dass es für die anderen merkwürdig ist, wenn sie mit großen Augen angestarrt werden. Aber es verletzt sie natürlich, wenn sie abwertend und aggressiv behandelt wird.

Hinzu kommt die Angst, dass die Entzündungsprozesse, die aufgrund der Autoimmunerkrankung in der Augenhöhle auftreten, das Sehvermögen nachhaltig schädigen könnten.

„Ich habe mich intensiv damit auseinandergesetzt, was passieren würde, wenn ich erblinden würde. Ich habe aber festgestellt, dass ich immer noch Klavier spielen, singen und schreiben kann, auch wenn ich mein Augenlicht verliere. Das hat mir unglaublich geholfen, diese schwierige Zeit durchzustehen.“

Die Musikerin setzt sich immer wieder ans Klavier und spielt blind. Sie will vorbereitet sein, sollte es tatsächlich soweit kommen.


Dann lernt sie eine Frau kennen, die ihr von einem Arzt am AKH Wien erzählt, der Gesichtsoperationen durchführt, die Betroffene wie sie davor bewahren, zu erblinden. Es sind aufwendige kieferchirurgische Operationen, die dreieinhalb Stunden dauern und bei Barbara Wlcek zuerst beim rechten und ein Jahr später beim linken Auge durchgeführt werden. „Durch die OP ist es mit dem Sehen viel besser geworden. Ich habe keine Doppelbilder mehr und man kann nicht so schnell erblinden. Ich schaue wieder aus wie früher. Fremde Leute würden auch nicht mehr sagen, was ist denn mit deinen Augen los?! Aber diese Erkrankung ist trotzdem da, es ist eine chronische Erkrankung.“ Ihre Augen sind sehr lichtempfindlich, jucken und brennen häufig. Die Arbeit am Computer ist anstrengend. „Auch als Musikerin sitze ich viel am Computer. Ich habe meine Aufnahmeprogramme. Ich schließe mein Klavier an den Computer an, nehme mich auf und bearbeite dann das Ganze am Computer.“

Neue Wege

Barbara Wlcek will sich mit anderen austauschen, aber es gibt keine Selbsthilfegruppe. So gründet sie zusammen mit einer anderen Betroffenen die Selbsthilfegruppe Morbus Basedow mit endokriner Orbitopathie. Bei dieser Schilddrüsenerkrankung, die sich auch auf die Augen auswirkt, handelt es sich um eine seltene Krankheit, es sind überwiegend Frauen betroffen. Der Austausch ist wichtig und hilfreich. Die Gruppe trifft sich einmal im Quartal im Café Ströck-Feierabend im dritten Wiener Gemeindebezirk.

„Es tut einfach gut, mit anderen Betroffenen zu reden, wir tauschen Tipps und Informationen aus. Es gibt außerdem noch eine Facebook Gruppe, der man beitreten kann.“

Die Musikerin, die auch schon für eine Feier im Blinden- und Sehbehindertenverband ein Lied komponiert und getextet hat, baut sich gerade eine Existenz als Songwriter und Komponistin auf. Sie möchte nicht nur für sich, sondern auch für andere Songs schreiben. „Ich stehe sehr gerne auf der Bühne. Ich möchte es auch in Zukunft tun, aber durch meine Erkrankung hat sich einiges verändert. Es muss nicht auf Teufel komm raus sein. Ich will auch für andere Künstler Songs schreiben. Es ist schön, wenn andere auf der Bühne stehen und meine Texte und Melodien singen.“ Worauf es der Künstlerin Barbara Wlcek wirklich ankommt? Sie schreibt Songs, weil sie etwas zu sagen hat. Das was sie sagt, meint sie auch. Das was sie ausdrückt, ist eng verwoben mit ihrem Denken, Fühlen und Erleben.

Barbara Wlcek ist auf allen gängigen Social Media Plattformen zu finden. Wer neugierig geworden ist, kann sie zum Beispiel auf youtube hören und sehen.  
Wer sich für die Selbsthilfegruppe Morbus Basedow mit endokriner Orbitopathie interessiert, kann die Leiterin der Gruppe Barbara Wlcek per Mail kontaktieren. Ebenso per Facebook.

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