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Ciara mit elegantem, schwarzem Outfit, einer Sonnenbrille und dem Bass vor einer coolen Steinwand, an der ein weißer Stock lehnt.
Bildinfo: Die blinde Bassistin Ciara Moser. © Manuela Häusler

„Ich möchte ein Role Model, ein Vorbild für andere sein.“

Das Debütalbum der Bassistin Ciara Moser erscheint am 20. Oktober. Am nächsten Tag startet sie mit ihrer Band Ciara and Friends eine Tour durch Österreich. Aus diesem Anlass haben wir die junge Musikerin, die seit einigen Jahren in Boston lebt, via Zoom zum Interview gebeten.

Ciara Moser im Interview

Sie sind in Irland geboren, wo Sie Ihre ersten Lebensjahre verbracht haben, und in Oberösterreich aufgewachsen. Ihr Musikstudium haben Sie an der Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien (mdw) sowie am renommierten Berklee College of Music in Boston absolviert. Jetzt erscheint Ihr Debütalbum. Es heißt: Blind. So what? - Auf Deutsch: Blind. Na und! Wieso dieser Titel?

Für mich war das immer mein Lebensmotto oder genauer gesagt, das Motto für mein Leben mit Blindheit. Weil ich finde, dass man alles machen kann, auch wenn man blind ist oder eine andere Behinderung hat. Wenn man es leidenschaftlich, wenn man es wirklich will, kann man alle Barrieren überkommen, die einem im Weg stehen. Es war für mich überhaupt keine Frage, wie das Album heißen wird, vor allem weil es mein erstes Album ist.

Sie haben Jazz und Popularmusik studiert. Und das Konzept für Ihr Debütalbum haben Sie während Ihres Studiums am Berklee Global Jazz Institute in Boston entwickelt. Wie kann man sich diese Arbeit vorstellen?

Es ist so, dass die Studierenden ein Jahr lang intensiv an einem Thema arbeiten, und zwar theoretisch wie musikalisch. Dieses Thema sollte etwas mit mir, mit meinem Leben zu tun haben und es sollte mich leidenschaftlich interessieren, denn ich recherchiere und schreibe nicht nur darüber, sondern komponiere auch die Musik dazu. Blindheit ist etwas, das mich auszeichnet, seit ich geboren bin, und Blindheit unterscheidet mich von den meisten anderen. Blindheit prägt mein Leben. Also das Thema war schnell klar, aber ich wusste noch nicht genau wie ich es angehen könnte.


Alle zwölf Titel Ihres Albums sind Eigenkompositionen und in jeder Nummer setzen Sie sich auf ganz persönliche Weise mit den unterschiedlichen Aspekten von Blindheit auseinander. Es geht um Vertrauen, denn vieles entzieht sich der eigenen Kontrolle, wenn man nicht sehen kann. Es geht darum, sich Dinge zu merken und ein anderer Titel beschäftigt sich mit dem sogenannten sechsten Sinn, der dafür zuständig ist, sich im Raum orientieren zu können. Wie haben Sie zu diesem Konzept gefunden?

Ich hatte sehr inspirierende Professoren. Ich habe ja bei bekannten und bedeutenden Jazz Musikern wie Danilo Pérez studiert, der schon mehrere Grammys erhalten hat. Oder bei John Patitucci und Joe Lovano. Sie haben mich motiviert zu fragen, welche Parallelen es zwischen meinem Leben als blinde Musikerin und als blinde Person gibt. So habe ich mich zum Beispiel damit auseinandergesetzt, dass ich mir als blinde Person viel mehr merken muss als sehende Leute. Ich muss mir Wege einprägen oder wo ich meine Sachen hinlege. Als blinde Musikerin muss ich mir jedes Lied merken, das ich lerne. Auf diese Weise ist der Titel Memorize entstanden.

Mit Ihrer Band Ciara and Friends touren Sie ab 21. Oktober durch Österreich und treten einige Male in Wien, unter anderem im Porgy & Bess auf, im Posthof in Linz oder im Jazzit in Salzburg, um nur einige Stationen zu nennen. Mit Ihrer Band spielen Sie Jazz, Funk und Fusion, auch Jazzrock genannt. Wer sind die Musiker:innen, mit denen Sie auf Tour sind?

Alle, bis auf Stephanie Weninger, habe ich in Berklee kennengelernt. Stephi und ich haben gemeinsam an der Musikuni studiert, am ipop, am Institut für Popularmusik in Wien. Wir haben drei Jahre lang zusammen gewohnt, haben miteinander gekocht, sind ins Fitness Studio gegangen und haben uns gemeinsam musikalisch entwickelt. Sie ist eine ganz enge Freundin von mir. Sie ist in unserer Band, wenn wir in Österreich spielen. Wir sind eine internationale Gruppe. Der Schlagzeuger kommt aus Kapstadt, hat mit vielen verschiedenen Bands in Afrika gespielt und ist hier in Berklee mein bester Freund. Wir spielen sehr viel zusammen. Musikalisch verbindet uns ganz viel. Wir sind Seelenverwandte, die sich hier in Boston gefunden haben. Der Gitarrist kommt aus der Dominikanischen Republik, der Saxophonist ist aus Marokko und der Sänger aus Indien. Er ist einer der besten Sänger, die ich jemals gehört habe. Alle vier sind sehr gute Freunde von mir. Uns verbindet, dass wir von woanders sind, dass wir hier in Boston nicht zuhause sind. Dass wir in einem fremden Land gemeinsam fremd sind. Wir sind einander eine Art Ersatzfamilie. Wir haben uns sehr gern und spielen oft und in unterschiedlichen Formationen zusammen.


Die Jazzszene ist von Männern geprägt, wenn man vom Gesang absieht. Wie erleben Sie das?

Ich vermisse die Frauen, die Musikerinnen in der Jazzszene. In Berklee ist Gender Justice, also Geschlechtergerechtigkeit ein großes Thema. Es gibt viel Inklusionsförderung, es wird sehr darauf geachtet, dass Stipendien an Frauen vergeben werden. Also hier findest du auch Schlagzeugerinnen und Bassistinnen. Aber draußen in der Welt schaut es anders aus. Draußen spiele ich fast nie mit Frauen. Es ist ein gesellschaftliches Problem. Es fängt schon damit an, welches Instrument Buben und Mädchen erlernen, welche Positionen Männer und Frauen erhalten. Mir ist es ein Anliegen, mit Musikerinnen zusammenzuarbeiten, mich für sie und unsere Anliegen einzusetzen und ich finde es wichtig, dass wir füreinander aufstehen, wenn wir nicht so behandelt werden, wie wir das möchten.  

Für Sie als blinde Frau, als blinde Musikerin, als blinde Bassistin ist die Situation noch einmal anders.

Ich habe sehr lange nach einem Role Model, nach einem Vorbild gesucht. Ich war bei einigen Programmen dabei, die Frauen im Jazz unterstützen und jeder hat gesagt, suche dir doch eine Mentorin, die in einer ähnlichen Situation ist wie du. Aber ich habe im Jazz keine Frau gefunden, die blind ist und ein Instrument spielt. Es gibt Sängerinnen, aber keine blinde Frau, die ein Rhythmusinstrument spielt. Das ist jetzt kein Problem für mich, weil ich Mentoren habe, die für mich da sind und die mich unterstützen. Aber es ist schon interessant, dass alle bekannten blinden Musiker männlich sind. Stevie Wonder, Ray Charles, José Feliciano, Raul Midón, Andrea Bocelli, alles Männer. So bin ich gewissermaßen zu meiner eigenen Mentorin geworden und möchte ein Role Model für andere sein.

Welche Wege und Strategien verfolgen Sie dabei?

Menschen mit Behinderung erleben ja oft viele Vorurteile. Bei einem blinden Menschen wird meist zuerst die Blindheit gesehen, aber nicht die Person oder die Musikerin. Diese Stereotypen will ich aufweichen. Aber auch dafür eintreten, dass alle gleiche Chancen und Möglichkeiten haben, unabhängig von ihrem Geschlecht oder einer Behinderung. Das passiert schon dadurch, dass ich öffentlich auftrete, dass ich mit ganz unterschiedlichen Leuten Musik mache. Aber ich möchte auch Programme für Musikerinnen mit Behinderungen initiieren. Wie schon gesagt, ich habe in den USA an Programmen teilgenommen, die gezielt Frauen im Jazz fördern. Ich möchte Musikerinnen mit Behinderungen unterstützen.


Wie kann man sich dies konkret vorstellen?

In der Regel ist es so, dass man sich für so ein Programm bewirbt und eine bestimmte Anzahl von Leuten genommen wird. Ich war zum Beispiel in einem Programm mit Deedee Bridgewater, einer extrem erfolgreichen Jazzsängerin. Man spielt zusammen, tritt gemeinsam auf, lernt neue Leute kennen, tauscht sich aus, bekommt Tipps von erfahrenen Kolleg:innen, knüpft Kontakte, bildet Netzwerke und hat Mentor:innen. Man wird in seiner künstlerischen Arbeit unterstützt, und auch finanziell. Dieser Kurs hat damals zwei Wochen gedauert und wir Teilnehmerinnen haben 1000 Dollar erhalten. Denn in dieser Zeit konnten wir ja keine Konzerte annehmen, mussten aber trotzdem für unsere Lebenshaltung aufkommen. Also so etwas schwebt mir für blinde Musikerinnen vor oder eben für Musikerinnen mit Behinderungen.

Seit Abschluss Ihres Studiums am Berklee College of Music spielen Sie in unterschiedlichen Formationen und Projekten mit Ihren Kolleg:innen. Von Jazz, Fusion über Weltmusik und Pop und treten nicht nur in den USA, sondern auch in anderen Teilen der Welt auf.

Ja, ich spiele sehr viel. Im Sommer habe ich mit einem Freund am Ecuador Jazz Festival gespielt. Danilo Pérez, einer meiner Lehrer und der Direktor vom Global Jazz Institute in Berklee, hat mich gefragt, ob ich mit ihm auf Tour gehen will. Wir haben in Chile am Jazz Festival gespielt, in Abu Dhabi am Cultural Summit und dann sind wir noch in Europa aufgetreten, in Italien und England. Davor hat mich Patricia Pérez, seine Frau, eingeladen, mit ihr und ihrer Band am Panama Jazz Festival zu spielen. Das haben wir schon einige Male zusammen gemacht und dort habe ich auch Workshops gegeben.


Auch am Berklee College of Music haben Sie bereits unterrichtet und Ende Oktober werden Sie an der Musikuni Wien eine Masterclass und einen Workshop abhalten. Der Workshop findet am 30. Oktober statt und richtet sich insbesondere an Musikpädagog:innen, die auch Schüler:innen mit einer Sehbehinderung unterrichten. Es geht also darum, wie man mit blinden und sehbehinderten Kindern und Jugendlichen musizieren kann. Mit diesem Thema haben Sie sich intensiv beschäftigt. Können Sie sich vorstellen, Unterrichten zu Ihrem Beruf zu machen?

Es wäre durchaus interessant, an einer Uni eine fixe Stelle als Lehrende zu haben. Aber jetzt geht es mir vor allem darum, zu touren, mit der Musik zu reisen und aufzutreten. Ich will Bass spielen und mich künstlerisch ausleben. Und ich mache sehr gerne Workshops an unterschiedlichen Orten. Ich wünsche mir, eine gute, eine internationale Karriere als Musikerin zu machen. Das verschafft mir dann auch noch mehr Autorität fürs Unterrichten. Jetzt aber freue ich mich vor allem auf unsere Tour in Österreich.


Danke für das Gespräch.

Die Konzerttermine finden Sie auf der Website https://www.ciara-moser.com/ von Ciara Moser.
Einen Vorgeschmack aufs Konzert erhalten Sie hier auf Youtube.
Das Debütalbum Blind. So what? von Ciara Moser ist bei den Konzerten und auf den diversen Streaming Plattformen erhältlich, aber auch über den Online-Musikdienst Bandcamp, wo den Musiker:innen pro Album mehr bleibt als bei den gängigen Streaming Plattformen.

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