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Portraitfoto, Prof. Erich Schmid in kariertem Hemd und mit grau melierten Haaren lächelt in die Kamera.
Bildinfo: Prof. Mag. Erich Schmid unterrichtet am BBI nicht nur Informatik, sondern auch das Freifach Schach. © privat / Foto zur Verfügung gestellt.

Wenn man als Lehrer plötzlich ohne Klassenzimmer und Schulgebäude auskommen muss

Wie gelingt es, SchülerInnen zu unterrichten, wenn alle daheim sind? Mag. Erich Schmid, von Geburt an blind und Lehrer für Informatik in der Handelsschule am Bundesblindeninstitut (BBI) in Wien, über seine Erfahrungen mit dem Homeschooling während der Corona-Krise.

Interview mit Erich Schmid

Sie hatten nur wenige Tage Zeit, sich auf diese neue Form des Unterrichtens einzustellen. Erst am Donnerstag war klar, dass die Klassenzimmer am darauffolgenden Montag, am 16. März, leer bleiben und Sie Ihre SchülerInnen von zuhause aus unterrichten werden. Wie haben Sie diesen Wechsel erlebt?

Unsere SchülerInnen am BBI sind sehr gut ausgestattet, vor allem die älteren in den Handelsschulklassen. Sie haben nicht nur in der Schule einen PC Arbeitsplatz, sondern auch zuhause.

Ich hatte also gute Voraussetzungen, mit dem Fernunterricht oder Homeschooling zu beginnen.

Und gerade noch so viel Zeit, um meinen SchülerInnen zu sagen, was sie unbedingt von der Schule mitnehmen müssen, damit sie daheim vernünftig arbeiten können.

Sie unterrichten Informatik, genau gesagt heißt das Fach Office Management und Angewandte Informatik. Es geht also um Textverarbeitung, Tabellenkalkulationen oder Datenbanken. Wie schaut dieses Homeschooling konkret aus, wie gehen Sie vor?

Für jede Stunde, die ich in einem Fach unterrichte, bereite ich Übungen vor. Diese schicke ich per Mail an meine SchülerInnen mit der Bitte, dass sie die Aufgaben bis zu einem bestimmten Termin an mich retournieren. Es gibt Leute, die erledigen die Arbeitsaufträge für die gesamte Woche gleich auf einmal und schicken sie mir schon am nächsten Tag zurück. Andere warten bis zur letzten Minute, aber es hat bei allen geklappt.

Wenn Sie Ihre Arbeit als Lehrer in der Schulklasse mit jener im virtuellen Klassenraum vergleichen, welche Unterschiede stellen Sie fest?

Ich muss beim Homeschooling mehr Zeit investieren als beim Unterricht in der Schulklasse. Es ist aufwändiger, die Arbeitsaufträge vorzubereiten und die zurückgeschickten Aufgaben zu korrigieren. Dazu kommt noch, dass ich in der Klasse Missverständnisse viel schneller aufklären und Fragen viel unkomplizierter beantworten kann. Wenn zum Beispiel jemand in der Schule ein Problem damit hat, ein Programm zu installieren, kann ich sofort sagen, tu das, mach jenes. Aber jetzt tauschen wir uns über Mails aus. Das heißt, ich schreibe viele, viele Mails, das ist viel mühsamer als direkt zu kommunizieren. Ich telefoniere auch ungleich mehr und war in der ersten Zeit am Abend rechtschaffen müde. Alles zusammen erlebe ich schon als größere Belastung.

Aufgrund der Corona Pandemie müssen LehrerInnen und SchülerInnen viele Wochen von zuhause aus arbeiten. Wie wird sich dieses Homeschooling in Zukunft auf das Unterrichten auswirken?

Die Corona-Krise wird die Schule verändern. Ich arbeite auch in der Lehrmittelzentrale des BBI mit.

Wir stellen Hilfsmittel, Geräte und Unterrichtsmaterial für unsere SchülerInnen, die blind oder sehbehindert sind, zur Verfügung.

Unser kleines Team ist zurzeit intensiv damit beschäftigt, der Schule ein Lernsystem, ein Konferenzsystem anzubieten, das wir bereits im kommenden Schuljahr nutzen können. Damit sind wir ab Herbst noch besser aufgestellt. So ein System hat viele Vorteile, da muss man gar nicht an eine Pandemie denken.

Wie kann man sich dieses Konferenzsystem vorstellen? Können Teams und Gruppen zusammenarbeiten und kommunizieren und verfügen über einen zentralisierten Zugriff auf Dateien und Aufgaben?

Wir verwenden eine Software namens Microsoft Teams. Dieses Programm wird von der Firma Microsoft, die in Zusammenarbeit mit dem Bildungsministerium die Schulen unterstützt, kostenlos zur Verfügung gestellt. Wir möchten diese Chance nützen. Denn unsere SchülerInnen arbeiten ständig am Computer, sowohl in der Schule als auch zuhause. Aber sie müssen immer ihre Arbeitsaufträge und Hausaufgaben mitnehmen. Mit Microsoft Teams ist das nicht mehr notwendig, sie können von zuhause aus auf relevante Daten zugreifen, die wir in der Schule haben. Das gilt natürlich auch für die Lehrkräfte und die Angestellten im Blindendruckverlag im BBI.

Wir haben in der Schule zum Beispiel auch eine elektronische Essensanmeldung oder eine Tagesinformation, wo man sieht, wer krankgemeldet ist oder einen Lehrausgang macht. Auch darauf könnte man, wenn das System gut läuft, von daheim aus zugreifen. Und was den Datenschutz betrifft, muss man sich keine Sorgen machen. Denn es können nur die SchülerInnen und Angestellten des BBI auf das System zugreifen, die dieses Microsoft Paket installiert haben. Es ist also unser Ziel, dass wir am BBI dieses Konferenzsystem ab dem kommenden Schuljahr nutzen können.

Ab welchem Alter können die SchülerInnen Microsoft Teams nutzen?

Das geht natürlich nicht im Kindergartenalter. Aber ab der dritten oder vierten Klasse Volksschule haben unsere Kinder einen PC Arbeitsplatz.

SchülerInnen, die blind sind, haben einen Computer mit einer Braillezeile und einer Sprachausgabe. Diejenigen, die sehbehindert sind, benötigen eine Vergrößerungssoftware.

Ab diesem Alter schaut die Schule außerdem darauf, dass den Kindern auch zuhause ein PC zur Verfügung steht. Microsoft Teams ermöglicht es uns Lehrkräften, selbst im Homeschooling so zu unterrichten, dass wir „anwesend“ sind. Also die Klasse und der Lehrer „versammeln“ sich und können direkt miteinander kommunizieren.


Wie verändern Pandemie und Homeschooling unsere Schule?

Ich glaube, dass die Schule transparenter wird, wenn vieles von zuhause aus gemacht wird. Dass die Eltern viel deutlicher sehen, was von ihren Kindern verlangt wird. Und bei den älteren SchülerInnen wird das selbstorganisierte Lernen, das selbstständige Arbeiten gefördert. Aber Homeschooling kann das reale Klassenzimmer nicht ersetzen. Allein schon aus sozialen Gründen. Denn bei einem Online Meeting wird es kaum solche Konflikte geben wie im Klassenraum. Oder eine gemeinsame Feier in der Schule wird immer anders sein als eine Online Feier.

Natürlich verändert die Corona-Krise die Schule, doch diese Veränderungen müssen behutsam vonstattengehen und es müssen alle mitgenommen werden.

Denn wenn ein Kind zuhause keinen Platz zum Lernen oder keinen Computer hat, dann muss ich zuerst dafür sorgen, dass die Voraussetzungen gegeben sind, bevor ich den nächsten Schritt mache.

Am 18. Mai öffnen die Schulen wieder. Doch der Unterricht in Zeiten der Pandemie ist anders als vorher. Es gelten weiterhin bestimmte Regeln wie Abstand halten und Hygienemaßnahmen. Wie ist das Bundesblindeninstitut (BBI) darauf vorbereitet?

Unsere Klassen sind sehr klein, wir haben maximal acht Kinder in einer Klasse. Und unsere Räume sind groß genug, um den nötigen Abstand einzuhalten.

Hinzu kommt, dass alle SchülerInnen ab der dritten oder vierten Volksschule einen Computerarbeitsplatz haben und einen zweiten Platz, wo sie lesen oder eine Landkarte betasten können.

Außerdem haben wir in jedem Klassenzimmer Waschbecken. Wir haben also sehr gute Voraussetzungen, den Unterricht wieder aufzunehmen. Das Internat, das der Schule angeschlossen ist, sperrt ebenfalls wieder auf, wir haben ja SchülerInnen aus ganz Österreich. Aber auch hier gibt es genug Platz, sodass alle den erforderlichen Abstand einhalten können.  

Was ist Ihnen als Lehrer wichtig, wenn die SchülerInnen wieder in die Schule zurückkommen?

Also ich habe mir schon vorgenommen, dass ich in der ersten Stunde keinen Lehrstoff mache, sondern mir in jeder Klasse Zeit dafür nehme, dass wir uns austauschen. Dass ich sie frage, wie es ihnen ergangen ist und dass ich ihnen erzähle, wie es für mich war. Ich stehe nicht an, meinen SchülerInnen zu erzählen, dass ich am Anfang ganz schön müde war, dass es mich viel Energie gekostet hat, mich aufs Homeschooling umzustellen.

Wieso ist es Ihnen wichtig, sich auszutauschen?

Wir brauchen das Gespräch, damit Gefühle nach oben kommen können. Es könnte ja sein, dass manche in dieser Zeit große Angst gehabt haben, sich anzustecken. Oder dass andere gefürchtet haben, es nicht mehr auszuhalten, wenn es noch länger dauert. Aber mich interessiert auch, ob die SchülerInnen in dieser Zeit der Ausgangsbeschränkung kreativ geworden sind, Dinge gemacht haben, die sie sonst nicht tun. Ich habe während des Homeschoolings auch versucht, diese Kreativität anzuregen, habe ihnen Aufgaben gegeben, die nichts mit dem Stoff zu tun haben, aber Spaß machen. Also ich finde es wichtig, dass die SchülerInnen, wenn sie wiederkommen, die Möglichkeit haben, zu erzählen, wie es ihnen ergangen ist und wie sie mit Gefühlen wie Angst oder Einsamkeit umgegangen sind.

Wie hat sich Ihr Leben seit dem 16. März verändert, abgesehen davon, dass Sie jetzt seit vielen Wochen von zuhause aus unterrichten?

Mein Leben hat sich sehr beruhigt. Ich bin ja nicht nur am BBI, sondern in vielen anderen Bereichen wie im Behindertenrat oder im Blinden- und Sehbehindertenverband tätig, bin kulturell sehr interessiert, habe oft Sitzungen und Abendveranstaltungen. Bin also normalerweise sehr aktiv, das finde ich positiv, aber manchmal bin ich auch gehetzt.

Dieses „zur Ruhe kommen“ ist für mich die größte Veränderung. Und aus dieser Ruhe heraus, Dinge zu tun, für die ich sonst wenig Zeit habe.

Ich lese viel mehr, ich kann mich stundenlang auf eine Sache konzentrieren, die mich interessiert. Ich habe viel Neues dazugelernt, auch in meinem Unterrichtsfach Informatik.

Vielen Dank für diesen Einblick in Ihren derzeitigen Alltag als Lehrer am BBI.

Das Interview führte Mag. Ursula Müller

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