Seit 2006 ist in Österreich das Diskriminierungsverbot in der Arbeitswelt durch das Behinderteneinstellungsgesetz und im täglichen Leben durch das Behindertengleichstellungsgesetz geregelt. Fühlt sich jemand aufgrund einer Behinderung diskriminiert, kann er oder sie den Antrag auf ein Schlichtungsverfahren einbringen. Beim letzten Themenabend 2018 interessierten sich besonders viele ZuhörerInnen für dieses Rechtsmittel und seine genaue Anwendung.
Der Weg zur Schlichtung
Nach einem kurzen Einblick in die Geschichte dieser noch jungen Möglichkeit erklärt Aaron Banovic, wie eine Schlichtung überhaupt eingeleitet wird. Fühlt sich eine Person aufgrund ihrer Behinderung diskriminiert, so kann sie bei den Landesstellen des Sozialministeriumservice einen Antrag auf eine Schlichtung stellen. Dieser Antrag kann auch ganz unkompliziert elektronisch eingebracht werden. Die Behindertenanwaltschaft berät und unterstützt Personen, die eine Schlichtung anstreben.
Schlichtungswerber versus Schlichtungspartner
Ist der Antrag gestellt, wird ein Termin für ein Schlichtungsgespräch zwischen dem Schlichtungswerber, also demjenigen der die Schlichtung beantragt hat, und dem Schlichtungspartner, also der Partei, der eine Diskriminierung vorgeworfen wird, ausgemacht. Beim Gespräch, das von einem Schlichtungsreferenten moderiert wird, legen Schlichtungswerber und -partner ihre jeweiligen Standpunkte dar und suchen nach einer Lösung, die für alle tragbar ist. Kommt es zu einem Ergebnis, so wird dies schriftlich festgehalten und kann später im Zweifelsfall auch vom Schlichtungswerber eingeklagt werden, wenn der Schlichtungspartner die vereinbarte Maßnahme nicht durchführt.
Mehr Wirkung als eine Klage vor Gericht
Aaron Banovic, der beruflich schon viele Schlichtungen begleitet hat, ist von diesem kostenlosen Instrument gegen Diskriminierung überzeugt und rät Personen dazu, vor dem Gang zu Gericht zuerst eine Schlichtung zu versuchen.
„Schlichtungen können gute Lösungen bringen und bewirken oft mehr als eine Klage. Das liegt auch daran, dass nur finanzieller Ausgleich eingeklagt werden kann, aber nicht die Beseitigung der Diskriminierung.“
Im Durchschnitt dauert ein Schlichtungsverfahren ein bis drei Monate, viele Schlichtungen sind aber bereits nach einem Termin abgeschlossen. Im Bereich des täglichen Lebens können zwei Drittel aller Schlichtungen mit einem positiven Ergebnis für den Schlichtungswerber abgeschlossen werden, während im Berufsbereich nur ein Drittel der Schlichtungen erfolgreich ist.
Über 2.500 Schlichtungen in Österreich
Auch einige TeilnehmerInnen des Themenabends teilten bei der anschließenden Diskussion ihre persönlichen Erfahrungen mit Schlichtungsgesprächen mit den ÖBB oder den Wiener Linien. So erzählte etwa Teilnehmer Kurt Prall von einer Schlichtung mit den Wiener Linien, bei der es um das Nachrüsten von markierten Glasflächen in einer U-Bahn Station ging. Eine weitere Schlichtung wurde von ihm angestrebt, weil die Monitore in den S-Bahn Stationen zu hoch hingen und für sehbehinderte Menschen nicht lesbar waren. Der Schlichtungspartner ÖBB einigte sich mit dem Schlichtungswerber in diesem Fall und stellte Monitore auf Augenhöhe an allen größeren S-Bahn Stationen zur Verfügung.
Insgesamt wurden in Österreich bereits über 2.500 Schlichtungen durchgeführt – eine Zahl, die durchaus für die „Beliebtheit“ von Schlichtungen spricht. Auch dass „eigentlich so gut wie alles“ geschlichtet werden kann und der Grund für eine mögliche Schlichtung auch nicht verjährt, spricht viele Schlichtungswerber an. „Wenn Sie sich diskriminiert fühlen, schlichten Sie. Je mehr Menschen schlichten, desto eher bewegt sich etwas“, appelliert Aaron Banovic zum Abschluss des Abends an alle.
Behindertenanwaltschaft
Hotline: 0800 / 808016
Website: www.behindertenanwalt.gv.at
Email: office(at)behindertenanwalt.gv.at