Vitiligo

Im Sommer 2001 bemerkte ich eine Veränderung der Haut meines rechten Daumen- und Ringfingergelenks.
Ich wunderte mich und war leicht beunruhigt. Weil sich diese weißen kleinen Flecken vergrößerten, ging ich zum Hautarzt. Dort hörte ich zum ersten Mal den Begriff Vitiligo (Witiligo gesprochen), wusste aber noch nichts darüber. Ich kümmerte mich nicht weiter darum, waren ja nur zwei kleine Stellen und die sah man kaum.

Zwei Jahre vergingen, 2003 hatte ich eine Fehlgeburt. Bei der Nachuntersuchung diktierte der Gynäkologe der Assistentin unter anderem: „und Vitiligo im Genitalbereich“
Ich war schockiert und echt entsetzt. Da musste ich die Fehlgeburt verarbeiten und dann auch das noch?
Offenbar waren die Flecken auch dort schon. Dass sie da anfingen, wie bei vielen Betroffenen, egal welchen Geschlechts, erfuhr ich aber erst später.

Als ich im Fitnesscenter trainierte, meinte eine Frau zu einer anderen leise:
„Hast du gesehen, die hat unter der Achsel einen ganz weißen Fleck“.
Am liebsten wäre ich im Erdboden versunken, weil ich mich genierte. Grad auf meine Figur und Muskeln war ich stolz und hatte auch deshalb ein ärmelloses Leibchen an.
Da sich die Flecken inzwischen auch auf die Handrücken und Finger ausgebreitet hatten, fing ich an im Internet zu recherchieren und erfuhr allerlei, auch Tipps.
So kam ich auf die Idee, mir eine braune Farbe namens Bronze Express zu kaufen, Wattestäbchen mit einer breiten Seite, sie einzutauchen, auf einer Küchenrolle etwas abzustreifen und auf die weißen Stellen aufzutragen.
Zumindest waren sie so nicht für andere sofort sichtbar. So gewann ich wieder mehr Selbstwertgefühl.

Wieder eine Zeit später, ich war beim Frisör um meine Strähnchen nachblondieren zu lassen, meinte die Frisörin:
„Jö schaut das originell aus, sie haben da eine ganz weiße Strähne.“
Ich teilte ihre "Begeisterung" nicht, nun fing es auch noch auf der Kopfhaut an.

Was ist eigentlich Vitiligo?

Vitiligo wird auch als Weißfleckenkrankheit bezeichnet, wobei man sich unter einer Krankheit etwas Schlimmes oder Ansteckendes vorstellt, beides ist es aber nicht. Die Flecken tun nicht weh, körperliche Beeinträchtigungen oder Beschwerden gibt es nicht und mit ihnen kann man normal alt werden. Größe, Form und Anzahl können unterschiedlich verlaufen und in jedem Alter, bei jedem Geschlecht auftreten.

Es gibt mehrere mögliche Ursachen und im Prinzip ist unbekannt, warum sie entstehen bzw. wieso sie größer und mehr werden.
Die Farbe der Haut stammt vom Pigment Melanin, das von Zellen in der Oberhaut produziert wird, die sich Melanozyten nennen. Durch eine Autoimmunerkrankung, also eine überschießende Reaktion des Immunsystems, wird körpereigenes Gewebe zerstört, in unserem Fall die Braunfärbung der Haut, sie wird zunehmend weiß.

Behandlungsoptionen:
Es gibt mehrere Bestrahlungsmöglichkeiten, auch für daheim. Meist handelt es sich um UVB- oder Laserbehandlungen (Lichttherapie).
Bei Sonneneinstrahlung oder im Solarium handelt es sich großteils um UVA-Strahlen, also wirkungslos.
Auch sind verschiedene Salben zum Auftragen auf die betroffenen Hautstellen erhältlich, die allesamt Kortison enthalten. Sie sind sehr fetthaltig, man klebt stundenlang überall, wenn man wo ankommt – sehr unangenehm und ich tue mir die zeitaufwändige Prozedur mit kaum bis keinen Erfolg selten an. Außerdem werden danach die damit behandelten Flecken bei Berührung empfindlich.

Ich bemerke im Winter zwar kaum etwas von den Flecken, weil da die Haut generell hell ist, sie scheinen sich aber akkurat in dieser Zeit zu vergrößern und es kommen neue hinzu, was mir im Frühling auffällt, sobald die übrige Haut durch die Sonne brauner wird.

Das Fotomodell Winnie Harlow bekommt Geld dafür, dass sie als Dunkelhäutige ihre Flecken vermarktet, Michael Jackson ließ seine Haut komplett bleichen.
Früher überlegte ich, einige Stellen hautfarben zu tätowieren, also nicht im herkömmlichen Sinn mit bunten Farben. Weil es aber stetig mehr und größere werden, ließ ich die schmerzhafte und kostenintensive Aktion sein.

Ich habe für mich beschlossen, außer bei den besonders auffälligen Stellen, mit Selbstbräuner abzudecken, sonst aber derzeit keine Behandlungen mehr anzuwenden, deren Ergebnis gleich null ist. Da müsste es in der EU schon ein Wundermittel geben, das nicht nur mich überzeugt, sondern andere Betroffene auch.
Manchmal ist der Leidensdruck größer, vor allem wenn man angestarrt wird, aber im Großen und Ganzen lasse ich mir dadurch meine Lebensqualität nicht beeinträchtigen.