Aktuelles

Vorstellung des Österreichischen Behindertenrates
Der ÖBR
Am 28.9.2022 hatte der Österreichische Behindertenrat (ÖBR) in ganz Österreich zu Demonstrationen gegen die aktuell stockenden Fortschritte in der Behindertenpolitik aufgerufen: Ein mehr als nur mangelhaft ausgearbeiteter Nationaler Aktionsplan Behinderung, mangelndes Interesse der Politik an wirklich bindenden Maßnahmen zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention sowie zahlreiche Rückschritte in verschiedenen Bereichen hatten diesen Schritt unumgänglich gemacht. Doch was ist der Österreichische Behindertenrat (ÖBR), was der nationale Aktionsplan Behinderung (NAP) und wie reagierte die Politik auf diese landesweite Protestkundgebung? All diese Fragen konnte uns Dr.in Christina Meierschitz vom ÖBR Ende Oktober im Rahmen unseres 19. virtuellen Themenabends beantworten.
Der ÖBR entstand 1975 als Dachorganisation aller österreichischen Hilfsorganisationen von und für Menschen mit Behinderung, damals noch mit dem Namen Österreichische Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation. Dazu gehören u.a. der Österreichische Blinden- und Sehbehindertenverband, die Hilfsgemeinschaft der Blinden und Sehschwachen, der österreichische Gehörlosenbund (ÖGLB) und viele mehr.
Zentrale Aufgabe des ÖBR ist es, Menschen mit Behinderung, deren Familien und Vertretungsorganisationen gegenüber der Politik zu vertreten und vor allem ihre Rechte zu wahren. Rechtlich orientiert man sich dabei an der Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung (UNBRK) der Vereinten Nationen, die Österreich bereits 2008 unterzeichnet, doch bis heute nur mangelhaft umgesetzt hat. Bei zentralen Zielen dieser Vereinbarung, darunter etwa ein inklusives Bildungssystem, ein inklusiver Arbeitsmarkt, umfangreiche bauliche und digitale Barrierefreiheit in allen Lebensbereichen, Auflösung von ausgrenzenden Institutionen, Lohn statt Taschengeld usw. bleibt unser geliebtes Vaterland seit Jahren säumig.
Die Inklusionsdemo
Wieso kam es nun Ende September zu landesweiten Protestmaßnahmen? Schon 2012 hatte die damalige Bundesregierung einen ersten nationalen Aktionsplan Behinderung (NAP) beschlossen, der der Politik klare Anweisungen für die in den nächsten neun Jahren umzusetzenden Reformen für Menschen mit Behinderung geben sollte. Allerdings wurden Behindertenvertreter:innen damals nicht in die Ausarbeitung dieses Papiers einbezogen. 2019 wurde mit der Ausarbeitung eines neuen Aktionsplans begonnen. Trotz massiver Kritik von Behindertenvertreter:innen erfolgte im Juli 2022 der Beschluss des neuen NAP 2022-2030: Über drei Jahre hatten Bund und Länder, auch unter Mitwirkung von Behindertenvertreter:innen an einem neuen NAP 2022-2030 gearbeitet, der schlussendlich 700 Seiten umfasste.
Dabei zeigte vor allem das Bildungsministerium wenig bis kein Interesse an der flächendeckenden Umsetzung von Inklusion im Bildungssystem. Das Engagement der Länder für unsere Ziele war sehr unterschiedlich, es schien so, als wollte jedes Bundesland lieber für sich arbeiten. Weiters fehlten in vielen Punkten Kostenabschätzungen. Auch landeten Themen wie die für uns alle so wichtige flächendeckend einheitliche Bereitstellung persönlicher Assistenz im Anhang des schlussendlich auf 150 Seiten gekürzten Papiers, das dem Nationalrat zur Beschlussfassung vorgelegt wurde.
Ob all dieser Mängel entschieden sich daher Behindertenvertreter:innen unter Führung des ÖBR für unsere Rechte am 28.9. auf die Straße zu gehen: Allein in Wien beteiligten sich mehr als 4000 Menschen an der Kundgebung. In fast allen österreichischen Landeshauptstädten fanden am selben Tag Mahnwachen statt. Leider glänzten unsere politischen Verantwortungsträger:innen dabei durch Desinteresse und Abwesenheit. Weder Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) noch Vizekanzler Kogler (Grünen) schienen bereit, den extra vom ÖBR ausgearbeiteten Forderungskatalog (siehe dazu https://www.behindertenrat.at/demonstration/forderungen-inklusions-demo/ ) entgegenzunehmen.
Diese Feststellung schockierte nicht nur mich, sondern auch die diesmal recht geringe Anzahl Teilnehmer:innen an diesem Themenabend: Angeregte Diskussionen und Vorschläge waren dementsprechend Mangelware. Doch weiß ich aus meiner Arbeit im Vorstand von Selbstbestimmt Leben Steiermark, dass es eben wegen und trotz dieser immer wiederkehrenden Rückschläge wichtig ist, sich in der Selbstvertretung zu engagieren: Bei der Demo waren wir sehr laut, drum lasst uns nun weiterhin gemeinsam laut bleiben, damit unsere Anliegen endlich erhört werden.
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