Aktuelles
Wir werden mit Veränderungen umgehen müssen
Themenabend mit Univ. Prof. Helga Kromp-Kolb
Helga Kromp-Kolb ist ursprünglich Meteorologin. Sie beschäftigt sich seit langem mit den Phänomenen der Lufthülle bzw. des Klimas unserer Erde. Im Laufe der Zeit hat sich das Zentrum ihres Interesses gewandelt. Inzwischen steht sie als eine der bekanntesten Klimaschützer:innen in der Öffentlichkeit. Sie selbst sagt, dass sie manchmal pessimistisch und manchmal optimistisch gestimmt sei.
Bevor noch die Rede vom Klimawandel war, ging es in den 70er und 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts „nur“ darum, möglichst viele Schadstoffe aus der Luft zu filtern. Das haben wir in großem Ausmaß geschafft und die Qualität der Luft dadurch verbessert. Es ist uns gelungen, den Staub aus der Luft zu entfernen. Das CO2 allerdings ist geblieben und die Konzentration ist höher geworden.
Zu Beginn ihres Vortrages nahm Frau Kromp-Kolb einige Begriffsklärungen vor. Was ist beispielsweise der Unterschied zwischen Wetter und Klima? Nun, das Wetter bestimmt, ob der Wein heuer süß oder sauer wird. Dagegen ist das Klima etwas, dessen Abfolge wir über mehrere Jahre beobachten. Das Klima besteht aus den Häufigkeiten von Temperaturen, Niederschlägen, etc. Das Klima entscheidet darüber, ob der Wein in einer bestimmten Region überhaupt wachsen kann oder nicht. Früher war das Klima über viele Jahre hin konstant. Nun stellen wir fest, dass die Temperatur alle 30 Jahre höher wird. Und das nennen wir Klimawandel. Abzugrenzen davon sind noch die Begriffe Klimakatastrophe, wenn es um die zeitliche und örtliche Zerstörung von Umwelt geht, bspw. Überschwemmungen in Pakistan. Wenn es Menschen betrifft, spricht Helga Kromp-Kolb von der Klimakrise.
Die globale Temperatur ist nachweislich gestiegen
Wieso hat sich nun die Temperatur auf unserem Globus verändert? Weil wir fossile Brennstoffe wie Kohle, Öl, Gas, Biomasse verbrennen. Bei dieser Verbrennung entstehen immer Kohlendioxid (CO2) und Wasserdampf, so genannte Treibhausgase. Über Jahrmillionen hinweg haben Pflanzen den Kohlenstoff aus der Atmosphäre herausgeholt und gebunden. Durch die Verbrennungsprozesse bringen wir das CO2 nun unverhältnismäßig schnell wieder in die Atmosphäre zurück.
Über die letzten 600.000 Jahre lag die Konzentration von CO2 in der Atmosphäre zwischen 180 und 280 parts per million. Der aktuelle Stand ist bei 400 parts per million. Das führt bereits dazu, dass aus der kurzwelligen Sonnenstrahlung, die in die Atmosphäre eindringt, die Energie in langwellige Wärmestrahlung umgewandelt wird. Diese wird am Weg hinaus aus der Atmosphäre absorbiert, was die Temperatur auf dem Planeten ansteigen lässt.
Im globalen Mittel liegt die Temperaturerhöhung gegenüber der vorindustriellen Zeit bei 1,2 Grad. Historisch betrachtet lag der Temperaturunterschied zwischen der kleinen Eiszeit und der ihr vorausgehenden Warmzeit nur bei 0,5 bis 0,8 Grad. Starke Änderungen in der Temperatur führten immer wieder zu Katastrophen. Man denke etwa an die „Potatoe Crop“ in Irland, während der es aufgrund einer starken Abkühlung zu gewaltigen Ernteausfällen bei den Kartoffeln kam. Es gab Massen an Hungertoten und eine massive Auswanderung nach Amerika. Auch das hat sich nicht geändert: Bis heute ist Migration eine Reaktion auf den Klimawandel.
In Österreich ist die Temperatur seit der vorindustriellen Zeit um 2,7 Grad, in Wien sogar um fast 3 Grad gestiegen. Das liegt daran, dass wir ein Binnenland sind. Die dämpfende Wirkung des Ozeans kommt uns nicht zugute, denn große Wasserflächen können sehr viel Wärme aufnehmen. Die Erwärmung passiert bei uns in Relation schneller als in Küstenländern. Österreich ist ein Gebirgsland, in dem Schnee- und Eisflächen kleiner und dunkle Oberflächen größer werden. Diese nehmen wiederum mehr Wärme auf, was zum stärkeren Temperaturanstieg bei uns führt. Damit müssen wir leben. Und es muss uns bewusst sein, dass wir bereits jetzt über dem globalen Mittel des Temperaturanstiegs liegen.
Vielfältige negative Auswirkungen des Anstiegs der Temperatur
Diese Änderung der Temperatur hat vielfache Auswirkungen bei Wetterphänomenen. Bspw. wird Regen heftiger, weil mehr Feuchtigkeit in der Atmosphäre ist. Auch in der Natur kommt es in Folge des Klimawandels zu Veränderungen. Manche Pflanzen wachsen besser, andere haben große Probleme. Das wiederum hat Auswirkungen auf die Land- und Forstwirtschaft bzw. das Wirtschaftsgeschehen insgesamt.
Natürlich betreffen die Temperaturänderung uns Menschen auch direkt, denn wir vertragen die Hitze nicht so gut. Das Temperaturfenster, bei dem wir gut funktionieren, ist relativ klein. Bei zu hohen Temperaturen suchen wir kühlere Räume auf. Aber was ist mit Personen, die das in ihrer Arbeit nicht können? Menschen, die ihre Arbeit im Freien verrichten müssen?! Viele Berufsgruppen betrifft es direkt, und alle Menschen betrifft es indirekt.
Anpassungsstrategien
Wir Menschen haben verschiedene Möglichkeiten, uns anzupassen. Nussbäume etwa sind gut als Schattenbäume vor dem Fenster geeignet. Aber nicht jede und jeder hat Platz für einen Nussbaum vor dem Fenster. Auch Außenjalousien sind eine gute Anpassungsstrategie. Natürlich gibt es auch die Möglichkeit, eine Klimaanlage in der Wohnung zu installieren. Dabei sollte man aber darauf achten, wie die Energie erzeugt wird, die für die Klimaanlage gebraucht wird. Denn wenn diese nicht aus erneuerbaren Energiequellen kommt, kühlt man zwar die eigenen vier Wände, trägt aber zur Erhitzung der Atmosphäre bei. Unter dem Strich gibt es verschiedenste Möglichkeiten der Anpassungen an den Klimawandel. Man sollte dennoch etwas wählen, das keine negativen Nebenwirkungen hat.
Wie geht es in Zukunft weiter?
Wenn die Menschheit weiterhin die Emissionen steigert, haben wir Ende des Jahrhunderts eine 4 bis 5 Grad höhere Temperatur. Wenn wir alles umsetzen, was die Regierungen bisher bereits versprochen haben, stehen wir zwischen 2,6 und 3,6 Grad. Viel Gutes wurde in Regierungsdokumenten bereits beschlossen. Allein bei der Umsetzung hapert es. Wenn wir die globale Temperatur für die meisten Menschen erträglich halten wollen, dürfen wir global gesehen die 1,5 Grad nicht überschreiten. D.h., dass die Treibhausgasemissionen deutlich reduziert werden müssen. Ein völliges weg von fossilen Brennstoffen ist eine Möglichkeit, aber es ist unsere langsamste Option. Die Effizienz zu steigern, ist eine andere Möglichkeit. Es bedeutet Energie einzusparen. Die Landwirtschaft ist bspw. ein Sektor, der großes Potential zur Emissionseinsparung hat. Konventionelle Landwirtschaft setzt sehr viel CO2 frei. Wenn wir alle mit viel weniger auskommen könnten und möchten, wäre das die schnellste Möglichkeit zur Reduktion der Emissionen. Letztlich brauchen wir ein Zusammenwirken aller dieser Optionen.
Wie viel ist genug?
Doch wie viel unserer Emissionen müssen wir einsparen? Auch das hat die Wissenschaft längstens berechnet. Bis 2030 müssen wir unsere Emissionen halbieren. Bis 2050 müssen sie auf Netto-Null stehen. Das sind große Herausforderungen angesichts des kurzen Zeithorizonts. Wie gesagt, steht schon viel Sinnvolles im österreichischen Regierungsprogramm, aber die konkreten Maßnahmen zur Umsetzung fehlen noch. Natürlich kann auch nicht die Regierung alleine alles umsetzen, wir alle müssen mittun! Rasches Handeln ist notwendig, denn wenn wir die 1,5 Grad global überschreiten, kann es sein, dass wir die Temperatur gar nicht mehr stabilisieren können. Dann würde es nur mehr darum gehen, mit der Hitze auf irgendeine Weise zurecht zu kommen. Unsere Kinder und Enkel hätten keinerlei Möglichkeit, die globale Erwärmung zu bremsen. Durch die selbstverstärkenden Prozesse würde es nur mehr heißer. Wir hätten dann das s.g. hot house earth.
Wie lange wollen wir noch warten?
Tatsächlich bleibt uns wenig Zeit, die Emissionen zu halbieren. 2030 ist in sieben Jahren. Angesichts dessen können wir nicht auf Zukunftstechnologien warten. Wir müssen auch effizienter werden und dieselbe Leistung mit weniger Energie erzeugen. Natürlich werden wir auch auf Vieles verzichten (müssen). Aber vielleicht tun wir es ja gerne, weil es uns eine andere, eine bessere Lebensqualität bringen kann!
Die Prognose lautet, dass es in etwa noch 10 Jahre lang wärmer wird. Global gesehen sind die plus 1,5 Grad in den frühen 2030er Jahren überschritten. Aber wenn wir es schaffen, bis dahin die Emissionen um die Hälfte zu reduzieren, wird die Temperatur einigermaßen stabilisiert sein.
Was heißt das alles für blinde Menschen? Leben sie tatsächlich klimafreundlicher als sehende Menschen? Sie können ja nicht Autofahren. Anderseits gibt es blinde Menschen, die aufgrund ihrer Situation und Lebensumstände mehr auf Autos angewiesen sind, weil Öffis nicht zumutbar oder verfügbar sind, wo sie wohnen. Es ist also sehr schwer, Pauschalaussagen für einzelne Personengruppen zu treffen. Wir werden bei allen Ansprüchen immer Ausnahmen machen müssen. Nicht jede Regel kann für jede und jeden absolut gleich gelten. Nicht jede und jeder einzelne muss auf null Emissionen herunterkommen, aber insgesamt muss die Gesellschaft zu einer Halbierung der ausgestoßenen Treibhausgase kommen.
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