Springe zur NavigationSpringe zur SucheSpringe zur PfadangabeSpringe zum InhaltSpringe zum Fußbereich
Jetzt spenden! Illustration des Spendenhundens.
Inhalt

Helfen - aber wie?

Anleitung zum richtigen Umgang mit blinden Menschen

Hallo liebe Leserin, lieber Leser!

Darf ich mich vorstellen? Ich bin Phillip, 35 Jahre alt und blind.  

Du siehst mich manchmal auf der Straße, im Supermarkt oder in der U-Bahn: Ich trage zumeist einen weißen Langstock und/oder um die Oberarme eine gelbe Schleife mit schwarzen Aufdrucken (drei schwarzen Punkten bzw. Figur mit Stock).

Daran erkennst Du, dass ich blind bzw. sehbehindert bin.

Normalerweise komme ich in meinem Alltag ganz gut alleine und selbstständig zurecht. Trotzdem bin ich in manchen Situationen sehr froh über Unterstützung durch eine sehende Person.

Diese Anleitung soll Dir, liebe sehende Person, helfen zu helfen. Ich will Dich ermutigen, einfach auf mich zuzugehen und Deine Hilfe anzubieten.

 

Sprich mit mir!

Reden ist Gold, Schweigen überhaupt nicht gut…

Sprache ist eines meiner wichtigsten Kommunikationsmittel. Ich bin auf verbale Beschreibungen angewiesen. Wenn Du also mit einer blinden oder sehbehinderten Person in Kontakt trittst, ist es wichtig, Sprache zu verwenden. Das kannst Du in normaler Geschwindigkeit und normaler Lautstärke tun. Die meisten von uns hören gut. Schlecht sehen bedeutet nicht automatisch auch schlecht hören oder langsam denken.

Vergewissere Dich, ob eine blinde oder sehbehinderte Person Deine Hilfe gerade benötigt. Frag einfach: „Kann ich Ihnen helfen?“ oder „Brauchen Sie Unterstützung?“

Sei bitte nicht enttäuscht, wenn wir Hilfe manchmal ablehnen. Hin und wieder möchten blinde und sehbehinderte Menschen einfach etwas selbstständig schaffen. Lass Dich auch nicht abschrecken, wenn Du einmal eine etwas forschere Antwort bekommst: Oft sind wir auf unserem Weg hoch konzentriert und angespannt, sodass wir vielleicht unfreundlich wirken.

Frage stets, ob Hilfe benötigt und erwünscht ist!

Sage mir, wenn und wie du mir helfen kannst!

Bitte ich Dich um Hilfe, dann bestätige mit Worten, dass Du für eine Hilfeleistung zur Verfügung stehst – Ich kann oft nicht erkennen, ob Du vor mir stehengeblieben bist und auf meine Frage wartest. Ein „Ja bitte, was kann ich für Sie tun?“ genügt.

Beschreibe, was Du tust:

Fasse in Worte, was Du vorhast. Wenn Du für mich etwas nachschauen gehst, dann sag es mir. Sonst könnte es zu Verwirrung führen, wenn Du plötzlich verschwunden bist.

Wenn du mich mit Handschlag begrüßen möchtest, dann mache mich darauf aufmerksam, dass du mir deine Hand hinstreckst.

"Da" und "dort" sind Begriffe, mit denen ich wenig anfangen kann. Auch hilft es mir nicht, wenn Du mir den Weg beschreibst, indem Du in eine bestimmte Richtung zeigst. Versuche Richtungen und Entfernungen zu beschreiben, z.B.: „Einen Schritt vor Ihnen steht ein Sessel, ein kleiner Tisch befindet sich zwei Schritte hinter Ihnen.“ Richtungen kann man auch mithilfe der Uhrzeit beschreiben, z.B.: "Auf 12 Uhr ist ein Baum." oder "Auf drei Uhr auf ihrem Teller liegt eine Zitrone." Mache die Richtungsangaben möglichst aus der Warte der blinden Person.  

Wenn Du eine bekannte blinde Person triffst und begrüßt, sprich sie mit ihrem Namen an und verrate ihr auch, wer Du bist. Sonst kann es passieren, dass sie nicht weiß, dass sie gemeint ist und noch lange grübelt, wer sie da gegrüßt hat.

Sollte ich mit einer sehenden Begleitperson unterwegs sein, richte das Wort bitte direkt an mich. Das ist angenehmer, als wenn über eine dritte Person mit mir gesprochen wird. Unterschreiben kann ich übrigens auch selbst.

Nimm kein Blatt vor den Mund: Auch wir blinden und sehbehinderten Menschen verwenden Worte wie "sehen" oder "schauen". Daher brauchst Du Dir keine Sorgen darüber zu machen, wenn Du z.B. "Wollen Sie sich das anschauen?" sagst.

Richtig führen


Eigentlich ist es keine große Wissenschaft, eine blinde Person zu führen. Dennoch will ich Dir ein paar Tipps mit auf den Weg geben:

Wichtig ist, dass Du als führende Person ein kleines Stückchen vor der blinden Person gehst. Das funktioniert am besten, wenn Du ihr Deinen Arm anbietest und sie sich unterhakt. Auf diese Weise kann sie Bodenunebenheiten oder Richtungsänderungen rechtzeitig spüren und darauf reagieren. Es ist auf jeden Fall hilfreich, wenn du mich auf Niveauunterschiede zusätzlich aufmerksam machst, und zwar direkt davor.

Bei einer Stufe kannst Du sagen: „Stufe rauf“ oder „Stufe runter“.

Treppen kann ich selbstständig bewältigen, wenn Du mir den Handlauf zeigst, indem Du meine Hand darauflegst. Bei Treppen kannst Du jeweils die erste und letzte Stufe ansagen.

Bei Rolltreppen kannst du mich unterstützen, indem du mir den Handlauf zeigst und mir das Einsteigen selbst überlässt.

Bei engen Stellen oder durch Türen solltest Du immer vorangehen und mich auch vorher darauf aufmerksam machen.

Bitte mich niemals ziehen oder schieben, oder gar an meinem Weißen Stock zerren. Das ist sehr unangenehm, weil ich ja nicht erfassen kann, was auf mich zukommt.

Um sicher in ein öffentliches Verkehrsmittel einsteigen zu können, ist es sehr hilfreich, wenn Du mich zu einer Einstiegsmöglichkeit begleitest und dann meine Hand entweder auf den Rand der Türe oder auf ein Einstiegsgeländer legst. Auch hier bitte nicht schieben oder ziehen. Das kann sehr verunsichernd sein.

Damit ich in einem fahrenden Verkehrsmittel sicher stehen kann, hilft es, wenn Du mir eine Haltestange zeigst. Sollte es freie Sitzplätze geben und ich sitzen will, kannst Du meine Hand auf die Sessellehne legen. Den Rest finde ich dann alleine. Gut ist, wenn der Sitzplatz in Türnähe ist. Das erleichtert mir das Aussteigen.

Was ist sonst noch zu beachten

Blinde Personen im Straßenverkehr

Meistens komme ich im Straßenverkehr gut zurecht. Sehr hilfreich sind die so genannten „taktilen Bodeninformationen“. Das sind am Boden angebrachte spürbare Markierungen, an denen ich mit meinem Langstock entlangtaste. Sie sorgen dafür, dass ich parallel zur Bahnsteigkante gehen kann, einen großen Platz überqueren kann oder zu einem Lift oder einer Treppe finde.

Bitte halte diese Leitlinien unbedingt frei!

Auch die akustischen Ampelanlagen unterstützen mich sehr im Straßenverkehr. Durch hörbare Informationen weiß ich, ob die Ampel grün oder rot ist. Mithilfe eines Knopfdrucks kann ich das Signal, das mir Grün ansagt, auslösen. Oft führt mich das taktile Leitsystem direkt zu einem solchen Ampelmast.

Bitte halte Ampelmasten mit Akustik immer frei! Keine Fahrräder oder Scooter daran abstellen, Zeitungen aufhängen oder Wahlplakate daran lehnen! Und bitte das Signal auch nur dann auslösen, wenn Du es zum Überqueren benötigst!

Liebe Autofahrerin, lieber Autofahrer!

Vielleicht fährst Du ein Elektroauto. Diese Fahrzeuge sind sehr geräuscharm und für mich im Straßenverkehr kaum wahrnehmbar. Sei bitte besonders aufmerksam, ich könnte Dich einfach überhören.

Wenn ich einmal bei Dir im Auto mitfahre, kannst Du mir beim Einsteigen helfen, indem Du meine Hand auf die obere Kante der Autotüre legst. Dann kann ich mich orientieren und weiß, wo ich hinmuss.

Jedes Ding hat seinen Platz

Ein Koffer mitten auf dem Gehsteig, ein Putzkübel im Gang vor meinem Büro, eine halb offene Türe oder ein falsch abgestelltes Fahrzeug kann mir gefährlich werden. Ein gewisses Maß an Ordnung ist daher sehr wichtig.

Blindenführhund

Du hast sicher schon öfter ein Blindenführhundegespann beobachtet. Der Hund trägt ein spezielles Geschirr, an dem sich die blinde Person anhält.
Im Umgang mit solchen Gespannen gibt es auch ein paar Dinge zu beachten:

Bitte störe nie einen Führhund bei der Arbeit. Du solltest ihn weder rufen und schon gar nicht streicheln. Der Hund ist hochkonzentriert und jede Ablenkung kann für das Gespann zu Verunsicherungen oder gar Unfällen führen. Führhundegespanne nicht bei der Arbeit stören!

Führhundegespann führen

Auf keinen Fall solltest Du das Führhundegespann am Führbügel ziehen. Besser ist, Du lässt die Person bei Dir unterhaken, sie lässt den Führbügel los und der Hund läuft daneben her.

 

Für den Inhalt verantwortlich:
Mag.a Marion Putzer-Schimack, Mag. Martin Tree