10. Erkennen und Sortieren
Der echt smarte Alltag
Ohne Zweifel: So richtig smart ist ein Smartphone erst, wenn wir unterwegs und/oder Familienangehörige mit gutem Sehvermögen nicht in Reichweite sind. Das Thema Orientierung haben wir ja ebenso wie das Thema Öffis bereits gestreift. De facto gibt es für die meisten Fragen irgendeine App, die eine Antwort liefern kann.
Dabei müssen wir uns bewusstmachen, dass die alltäglichen Fragestellungen blinder Menschen deutlich über das durchschnittliche Bedürfnis hinausgehen. Wer gut genug sehen kann, benötigt für das Lesen von Beschriftungen auf Lebensmittelverpackungen, die Kontrolle von Lichtquellen oder das Sortieren von Schriftstücken kein Smartphone. Aber gerade hier entfaltet der smarte Helfer für blinde Menschen seine Stärken.
Produkterkennung
In aller Regel kenne ich den Inhalt meines Küchenschranks recht gut und Lebensmittel, die ich verwechseln könnte, sind mit Braille-Schrift versehen. Aber von Konserven löst sich schon mal die Beschriftung oder ich habe einfach auf eine Kennzeichnung vergessen.
Originalverpackungen haben einen Barcode, der nicht nur von Registrierkassen in Supermärkten gelesen werden kann, sondern auch von Apps für Smartphones. Es gibt eine ganze Reihe solcher Apps, und ich empfehle immer, mehrere davon zu nutzen. Schon deshalb, weil den diversen Apps unterschiedliche Datenbanken zu Grunde liegen. Hat die eine App keine Informationen für ein Produkt gespeichert, klappt es vielleicht mit einer anderen.
Das Auslesen dieser Barcodes funktioniert über die Kamera des Smartphones. App öffnen, Scan-Taste doppeltippen - fertig?
Aber ganz so einfach ist es für blinde Menschen doch nicht. Zum einen muss man auf der Verpackung erst einmal den Barcode finden und dann auch noch so unter der Kamera ausrichten, dass der gesamte Code gesehen wird. Und dann heißt es auch noch stillhalten. Dieser so simpel anmutende Vorgang bedarf also einiger Übung - wie eben so vieles im Leben. Mehr dazu im Audio (1 MB, 1,5 min)!
Übrigens: Wenn gerade niemand da ist, um zu helfen, nutze ich den Barcodeleser auch schon mal im Supermarkt, um sicher zu sein, das richtige Produkt in den Einkaufswagen gelegt zu haben.
Post sortieren
Wenn ich den Postkasten geleert habe, trenne ich gerne die Spreu vom Weizen. Es dauert mir aber zu lange, meinen PC und das Scanprogramm zu starten, das Schriftstück in den Scanner zu legen, den Scanvorgang zu starten usw.
Da zücke ich lieber mein Smartphone und starte eine OCR-App. Schließlich reicht für den Sortiervorgang die Information, von wem das Schriftstück stammt. Auch hier gilt: Es braucht Übung, um den richtigen Abstand zu finden, und eine ruhige Hand.
Umgang mit Medikamenten
Die App "Apotheken", die wir ganz zu Beginn der Serie schon kennen gelernt haben, zeigt nicht nur die nächste dienstbereite Apotheke an, sondern verfügt über etliche sehr hilfreiche Funktionen. Darunter einen Barcodeleser für alle in Österreich zugelassenen Medikamente und - besonders nützlich - die Möglichkeit, die Medikamenteninformation (den Beipacktext) abzurufen und bei Bedarf zu speichern. Eine Medikamentenliste kann angelegt und eine Erinnerung für die Einnahme festgelegt werden - und das alles bei Bedarf auch für mehrere Personen.
Apropos Gesundheit: Es gibt - zumindest für das iPhone - sogar eine App, um den Blutzuckerwert zu kontrollieren und natürlich Schrittzähler und andere nützliche Apps zur Eigenkontrolle.
Für Produkterkennung, Text scannen und Medikamente gibt es auf meinem iPhone ungefähr ein Dutzend Apps, da ich, wie gesagt, immer mehrere Apps zum gleichen Thema nutze. Insgesamt befinden sich auf meinem Gerät aber derzeit weit über 200 solcher kleiner Helfer, von denen ich noch einige vorstellen werde.
Eva Papst Juli 2018
Anmerkung: Die Serie basiert auf iPhone und VoiceOver, die Aussagen treffen aber grundsätzlich auch für Geräte mit Android zu.