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Fit durchs Internet
Kurs: Digitales Training
Was auf den ersten Blick komfortabel und zeitsparend wirkt, entpuppt sich bei näherem Hinsehen oft als ziemlich nervenaufreibend, wenn Formulierungen oder Fehlermeldungen unverständlich scheinen oder bei Aktivierung eines Schalters offenbar nichts passiert.
Viele Webseiten wirken zu komplex und unwillkürlich fragt man sich vielleicht, ob das Problem im Computer sitzt oder doch davor?
Blinde Menschen fragen sich das vermutlich noch häufiger als Menschen, die über ausreichend Sehvermögen verfügen, um eine Webseite als Ganzes zu erfassen. Denn für sie kommen weitere Hürden dazu: Ihnen fehlt der Gesamtüberblick über den Bildschirm und ein ins Auge springender blauer Schalter springt eben nicht automatisch ins Ohr oder auf die tastenden Finger auf der Braillezeile. Die gewünschten Informationen müssen aktiv aufgefunden werden. Blinde Menschen nutzen dafür ein spezielles Programm, den Screen Reader, der über zahlreiche Befehle verfügt, um nach Eingabefeldern für die geforderte E-Mail-Adresse zu suchen, die nächste Überschrift anzusteuern oder den benötigten Link. Aber genau das funktioniert bei vielen Webseiten eben nicht, wenn nicht auf Barrierefreiheit geachtet wurde.
Digitales Training
Dr.in Susanne Buchner-Sabathy, selbst blind und zertifizierte Webspezialistin, und DIin Doris Ossberger, lange Zeit im BSVÖ Dachverband im Bereich Barrierefreiheit tätig, wissen um diese Problematik und haben vergangenen April ein Digitaltraining für Screen Reader-Anwender:innen durchgeführt. Ziel war es, einerseits Techniken zu erlernen, mit deren Hilfe manches Problem erkannt und vielleicht auch kompensiert werden kann; vor allem aber zu erkennen, wo genau das Problem liegt. Und - äußerst wichtig!, - angemessen reagieren zu können. Viele Webanbieter haben trotz eindeutiger Gesetzeslage wenig Erfahrung mit barrierefreier Gestaltung. Da tut es Not, der Unwissenheit mit sachlich fundierter Analyse bestehender Barrieren zu begegnen.
Jede Kurseinheit begann mit einer Aufgabe auf einer Webseite mit Barrieren. "Geprüft werdet nicht ihr, sondern der Webanbieter, der hier eindeutig einen Fehler gemacht hat", stellt Dr.in Buchner-Sabathy klar. Nach diesem Hinweis lösten sich 80% der "Prüfungsangst" in Luft auf, die beim Wort "Aufgabe" wohl jeden überkommt, der weiß, dass es schwierig wird.
Nach der Aufgabe folgte ein Austausch auf freiwilliger Basis. Dabei stellte sich rasch heraus, dass die Teilnehmer:innen aufgrund persönlicher Erfahrungen unterschiedlich an die Aufgaben herangehen, und so konnten wir voneinander lernen.
Abschließend erfolgte noch durch die Kursleiterinnen eine Erläuterung des anstehenden Problems, zu dem es nicht immer eine Lösung gab. In einem solchen Fall hieß es dann: Formulieren, worin das Problem besteht, um es an den Seitenbetreiber zu melden.
Den Abschluss bildete eine Zusammenfassung des behandelten Problemkomplexes wie etwa fehlende Kennzeichnung von Überschriften, grafische Links ohne sinnvolle Beschriftung, unbeschriftete Eingabefelder oder auch Elemente, die sich nur mit Maus, nicht aber mit Tastatur bedienen lassen.
Für die Zukunft gerüstet
"Doris und Susanne haben wirklich viel Energie und Herzblut in die Gestaltung des Kurses gesteckt und ein Konzept entwickelt, bei dem von Anfängern bis zu Profinutzern jeder etwas lernen und auch etwas zum Programm beitragen konnte", fasst Daniel Miskulnig kurz und sachlich zusammen. (Wir hatten uns zu Kursbeginn auf das vertrauliche Du geeinigt.) Und Dr. Peter Weiser resümiert: "Die Informationen über den korrekten Aufbau einer Webseite haben dazu geführt, dass ich mich heute mit etwas mehr Selbstsicherheit und Selbstverständlichkeit durchs Internet bewege." Denn - so die Erkenntnis aller Teilnehmer:innen - das Problem sitzt keineswegs immer vor dem Rechner.
Besonders hilfreich für die sechs Kursteilnehmer:innen (vier Männer, zwei Frauen) ist neben den schriftlichen Unterlagen zum Kurs ein Handout als Abschlussgeschenk. Das Dokument enthält vorgefertigte Formulierungen zum Melden von Barrieren. Freilich nützt ein solches Dokument nur dann, wenn man auch versteht, wo und wie man es an eine gegebene Situation anpasst. Und die erfolgreiche Vermittlung dieses Basiswissens war unter anderem Inhalt der vier zweistündigen Kurseinheiten.
Eine neue Gelegenheit
Für interessierte Anwender:innen von Screen Readern bietet sich im Herbst eine weitere Gelegenheit, Wissen zu tanken und mehr Selbstsicherheit bei der Nutzung des Internets zu erwerben.
Das Training besteht aus 4 Kurseinheiten zu je 2 Stunden am 6.11., 13.11., 20.11. und 4.12., jeweils von 16 bis 18 Uhr.
Anmeldeschluss ist der 15.9.,
Preis: 480 Euro, wovon die Hälfte durch die Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft FFG gefördert wird.
Anmeldung bitte bei DIin Doris Ossberger: do(at)wortklaviatur.at
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