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Portraits

Eine junge Frau mit halblangen Haaren sitzt beim Arbeitstisch vor einem Monitor, auf dem die Buchseiten angezeigt werden, die unter dem Monitor offen liegen.
Bildinfo: Inna Hrechana verwendet beim Deutschkurs ein Lesegerät. Das Hilfsmittel ermöglicht es ihr, sich intensiv der neuen Sprache zu widmen. © privat / Foto zur Verfügung gestellt.

„Man kann nie wissen, was sein wird.“

Seit Anfang Juni 2022 lebt Inna Hrechana, sie ist von Geburt an sehbehindert, in unserem Land. Die junge Ukrainerin ist, wie ihre Mutter, Schwester und Oma, aufgrund des Krieges geflüchtet.

Inna Hrechana im Portrait

Schon bald nach ihrer Ankunft beginnt Inna, Deutsch zu lernen. Bei ihren ersten Schritten in der neuen Sprache wird sie von einer ehrenamtlichen Lehrerin begleitet. Seit Oktober 2022 besucht sie regelmäßig Deutschkurse im Verein UKI. Es sei herausfordernd und anstrengend, von Montag bis Freitag in einem Kurs zu sitzen und zu lernen, aber sie freue sich über ihre Fortschritte. Die junge Frau benötigt ein Lesegerät, um die Lehrbücher verwenden zu können und ist sehr froh, dass ihr beim Kurs eines zur Verfügung gestellt wird.

„Ich brauche natürlich mehr Zeit zum Lesen als die anderen, weil ich alles stark vergrößern muss, aber ich bin sehr dankbar, dass ich dieses Gerät habe und dass mir die Deutschkurse vom AMS bezahlt werden. Das ist eine große Unterstützung für mich.“

Unterstützt wird Inna Hrechana auch vom Blinden- und Sehbehindertenverband WNB. Maria Vasyliv von der Arbeitsassistenz, die Ukrainisch spricht, ist vor allem in der ersten Zeit eine ganz große Hilfe. „Sie ist für mich fast wie ein Engel. Denn wie ich hier angekommen bin, habe ich niemanden gekannt und kein Wort Deutsch gesprochen. Ich spreche zwar auch Englisch, aber es ist mir sehr wichtig, gut Deutsch zu können. Und Maria unterstützt mich auch bei der Arbeitssuche.“


Die ersten sieben Lebensjahre verbringt Inna in einer kleinen Stadt in der Region Donezk. Da es dort für das sehbehinderte Mädchen keine geeignete Ausbildungsmöglichkeit gibt, kommt Inna ins Internat nach Slowjansk, wo sie eine Schule für blinde und sehbehinderte Kinder besucht. Die Wochenenden verbringt sie zuhause. Wie in der Ukraine üblich, absolviert sie vier Jahre Volksschule, danach die Sekundarstufe eins und zwei. Die Maturaprüfung erfolgt extern und zentral und eröffnet den Zugang zur Hochschule. Inna übersiedelt nach Kiew, wo sie an der Universität Blinden- und Sehbehindertenpädagogik studiert. Ja, es sei nicht einfach gewesen, mit ihrer Sehbehinderung von 80 Prozent zu studieren.

„Aber ich hatte Glück. Ich habe sehr gute Freundinnen gefunden. Wir haben zusammen gelernt, sie haben mir, wenn nötig, den Stoff vorgelesen und mir viel geholfen. Auch ich habe sie unterstützt, man hilft sich gegenseitig, so ist das bei guten Freundinnen. Manchmal frage ich mich aber schon, wie ich das alles geschafft habe.“

Ihre Ausbildung dauert sechseinhalb Jahre und beinhaltet ab dem zweiten Jahr verschiedene Praktika. Außerdem jobbt sie neben dem Studium. Nach Abschluss des Studiums bleibt die ausgebildete Behindertenpädagogin in Kiew und steigt voll ins Berufsleben ein. Sie betreut Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit unterschiedlichen und manchmal mit mehreren Behinderungen, arbeitet in privaten Behinderteneinrichtungen und verschiedenen Projekten.

Neben Schwimmen bietet ihr auch Yoga einen guten Ausgleich zur Arbeit. Sie beginnt sich intensiver mit Yoga zu beschäftigen, und sich darüber zu informieren, wie sich Yoga auf die Konzentrationsfähigkeit und Körperwahrnehmung auswirkt, und auch wie Yoga mit Menschen mit Behinderung praktiziert werden kann. Inna entschließt sich, eine Ausbildung zur Yogalehrerin zu machen. So wird aus einem Hobby ein zweites berufliches Standbein und sie beginnt in Kiew, Yogakurse für Menschen mit Behinderungen zu geben. „Auch mit blinden Leuten habe ich Yoga gemacht. Das war eine Challenge, eine echte Herausforderung für mich, denn ich konnte nichts vorzeigen, sondern musste alles mit Worten erklären. Ich habe später in einer Einrichtung Yoga mit Menschen gemacht, die mehrfach behindert waren, wie jener Mann mit einer Autismus Spektrum Störung (ASS), der nicht gesprochen und nichts gesehen hat. So habe ich also in meiner achtjährigen Arbeit Menschen mit ganz unterschiedlichen Behinderungen erlebt und ganz unterschiedliche Erfahrungen gesammelt.“ In der Einrichtung, wo sie zunächst als Yogalehrerin tätig ist, arbeitet sie dann auch als Pädagogin und übernimmt schließlich die Leitung des Teams. „In Österreich würde ich gerne mit Menschen mit Sehbehinderung arbeiten.“


Seit zwei Jahren führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Als am 24. Februar 2022 russische Truppen in der Ukraine einfallen, ist Inna gerade in Istanbul. Ihre beste ukrainische Freundin, die dort lebt, hat sie eingeladen zu kommen und die reiselustige junge Frau folgt dieser Einladung sogleich. Sie ist offen für Neues, sie freut sich, die Freundin wiederzusehen und ihre Yogakurse kann sie auch online abhalten. Sieben Monate verbringt sie in der Metropole am Bosporus. Der Ausbruch des Krieges aber verändert alles. Inna kehrt zunächst nach Kiew zurück.

„Es war alles sehr schwierig, weil meine Familie in der Region Donezk, im Osten der Ukraine lebt. Es war sehr gefährlich, überhaupt von dort wegzukommen. Zuerst haben wir meiner Oma geholfen, sie ist nach Deutschland geflüchtet und lebt jetzt in Hamburg. Meine Mama ist dann mit meiner jüngeren Schwester nach Linz gekommen, dort leben die beiden jetzt. Und ich bin schließlich nach Österreich gegangen, weil meine Mutter und Schwester hier sind. Ich möchte die beiden unterstützen und wir brauchen einander in dieser schwierigen Situation. So können wir uns wenigstens treffen und haben einander. Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal in Österreich leben werde, aber man kann nie wissen, was sein wird.“

Innas jüngere Schwester, sie ist erst 16 Jahre alt, hat eine ungewöhnliche Leidenschaft. Sie ist Gewichtheberin und tritt immer wieder bei Wettkämpfen an. Die Hobbys der älteren Schwester sind nicht ganz so ausgefallen. Neben Schwimmen und Yoga tanzt Inna gerne, und zwar argentinischen Tango. Außerdem liest sie viel und unterhält sich gern mit klugen und humorvollen Menschen. Ja, sie habe in Wien schon ein paar nette Leute kennengelernt, aber unter Erwachsenen dauere es lange, bis sich Freundschaften entwickeln. „Meine besten Freundinnen sind jetzt nicht bei mir, das ist ein großes Problem. Eine wohnt in London, eine andere in Paris, andere sind noch in der Ukraine. Der Krieg verändert alles.“ Das Leben hier und die Kultur gefallen ihr sehr gut. Und nein, sie finde nicht, dass die Wiener:innen unfreundlich und grantig seien, wie es oft heißt. „Ich fühle mich hier wohl, ich würde gerne in Österreich bleiben. Ich mag die Sprache, ich lerne gerne Deutsch. Und ich habe hier viele interessante Frauen getroffen.“


Das Leben von Frauen, ihre Stellung in der Gesellschaft, sei ein Thema, das sie schon lange interessiere. „Wir haben ein anderes Leben als die Männer.“ Als junge Studentin in Kiew fühlt Inna sich frei und unabhängig. Auf der Uni studieren viele junge Frauen. Viele von ihnen kommen aus kleinen Städten und haben einen großen Wunsch, sie wollen einen Mann und Kinder. Ehe und Beziehung sind für diese Kolleginnen sehr wichtig und alles scheint sich um das Thema Beziehung zu drehen. Inna fragt sich schließlich, ob es ihr nicht auch wichtig sein müsse, in einer Beziehung zu leben?

Als sie später einen Freund hat und mit ihm zusammenwohnt, macht sie eine ernüchternde Erfahrung. „Ich habe gearbeitet, ich habe gekocht und geputzt. Als Frau muss ich intelligent, interessant und hübsch sein, eine gute Figur haben und mich schminken. Und die Männer? Sie arbeiten und das ist genug.“ Ihr Freund sei nett, aber wenig unterstützend gewesen, erzählt die Pädagogin. So habe sie die Konsequenzen gezogen und sich getrennt. Ihr sei es wichtig, dass Männer und Frauen die gleichen Rechte, Chancen und Möglichkeiten haben. Sie habe viel darüber nachgedacht, was sie dazu beitragen könne. So habe sie sich in Kiew ehrenamtlich für Frauenprojekte engagiert, mit den Frauen gearbeitet, gekocht und über deren Situation gesprochen.

„Viele Frauen erleben physische oder psychische Gewalt und schweigen häufig über diese Erfahrungen. Sie haben oft sehr große Angst. Sie denken, dass es ihre Schuld, dass es ihr Problem sei, wenn der Partner gewalttätig wird. Sie fühlen sich hilflos, wissen nicht, was sie tun können. Aber Frauen können lernen, sich zu wehren. Sie müssen nicht alles ihrer Beziehung unterordnen. Sie können Dinge für sich tun und unabhängig werden.“

Gleichberechtigung fordert Inna Hrechana allerdings für alle Menschen ein. Alle sollen die gleichen Rechte und Chancen haben, unabhängig von ihrem Geschlecht, ihrer Herkunft oder Religion, und unabhängig davon, ob sie eine Behinderung haben oder nicht. Denn Gleichberechtigung ist ein Menschenrecht.

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